Freiwilligendienste | Notfallpädagogik
+49 (0)721 20111-0
Waldorf weltweit | WOW-Day | Patenschaften
+49 (0)30 617026 30
Home: Freunde Waldorf

Die Menschen sind müde nach fast zwei Jahren Krieg: Notfall- und Traumapädagogik in der Ukraine

News ,  Ukraine ,  Notfallpädagogik

Im November 2023 begannen zwei neue Fortbildungen. Für jeweils 25 Teilnehmende in Lviv und in Odessa. Über ein Jahr verteilt in acht Modulen werden Menschen aus der ganzen Ukraine für jeweils drei Tage zusammenkommen, um von uns in Notfall- und Traumapädagogik fortgebildet zu werden.

Einige der Teilnehmenden sind Lehrer:innen, deren Unterrichtsalltag im Klassenzimmer häufig von Luftraumalarm unterbrochen wird. Lehrkräfte und ihre Schüler:innen müssen dann gemeinsam den schuleigenen Schutzraum aufsuchen, über den seit mehr als einem Jahr alle Schulen verfügen müssen. Die Lehrkräfte legen großen Wert darauf, mehr über Themen wie Aufmerksamkeitsstörungen, Konzentrationsschwächen, auffällige Verhaltensweisen zwischen Aggression und emotionaler Abschottung zu erfahren. Außerdem möchten sie lernen, wie sie die Kinder in ihrer Verarbeitung unterstützen können.

Wenn sie überhaupt das Glück haben und in einer Region wohnen und arbeiten, in der Präsenzunterricht stattfinden kann. Dies ist aktuell fast nur im Westen der Ukraine möglich. Im Osten des Landes gibt es Viertklässler, die noch nie in der Schule waren. Zunächst konnten sie wegen der Corona-Pandemie nicht in die Schule gehen, danach war es der Krieg, der sie am Schulbesuch hinderte.

Andere Teilnehmende der Fortbildung sind Sozialarbeiter:innen und Psychologen:innen, die entweder mit Gruppen oder in individueller Betreuung mit Kindern und Menschen arbeiten, die traumatisierende Erlebnisse erfahren haben. Sie helfen dabei, den Tod eines Familienmitgliedes, Gewalterfahrungen, Vertreibung oder den Verlust der Heimat zu verarbeiten. Oft helfen sie auch, die Beziehung eines Kindes und der Familie zum Vater an der Front aufrechtzuerhalten oder die Beziehung zum Vater wiederherzustellen, wenn er als Kriegsinvalide oder mit posttraumatischer Belastungsstörung von der Front wiederkehrt. Dies sind nur einige der Themen, die die Gruppe der Sozialarbeiter:innen und Psycholog:innen beschäftigen.

Die körperlichen und seelischen Wunden sind überall sichtbar, in jeder Region, in jeder Altersgruppe, in jedem sozialen Miteinander. Und die Menschen sind müde nach fast zwei Jahren Krieg. Vor einem Jahr überwogen noch die Hoffnung und Energie, man könne den Krieg gewinnen und zeitig beenden. Inzwischen weicht die Hoffnung der desillusionierten Akzeptanz der Realität, dass der Krieg noch lange dauern und viele Opfer fordern wird und dass zumindest einige Gebiete der Ukraine verloren sind.

Neben den neu begonnen Fortbildungszyklen gibt es auch weiterhin Angebote für diejenigen, die im letzten Zyklus in Notfall- und Traumapädagogik ausgebildet wurden. Sie nehmen an Supervisionen teil, damit können sie ihr Wissen vertiefen und das eigene berufliche Handeln reflektieren und verbessern können, während sie notfall- und traumapädagogisch mit Menschen arbeiten.

Unsere notfall- und traumapädagogischen Fortbildungsangebote in der Ukraine werden mit großem Interesse aufgenommen. Der neue Ausbildungszyklus war bereits nach 54 Minuten ausgebucht. Aufgrund der hohen Nachfrage werden wir versuchen, das Angebot auszuweiten.

Jetzt fördern & spenden
Jetzt fördern & spenden