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Eriwan - lebendiger Impuls inmitten von Misstrauen

Armenien: Die Waldorfschule von Eriwan wurde 1994 gegründet und erhielt nach langen Kämpfen mit Regierungsbehörden eine befristete Anerkennung für Waldorfklassen im Kontext einer staatlichen Schule, die 2005 in eine Zulassung als private Schule überging. Mit der Einführung der Eingangsstufe, die Kinder zwischen Kindergarten und erster Klasse aufnimmt, zählt die Waldorfschule mit 12 Klassen heute 300 Schülerinnen und Schüler.

Alles scheint so, als würde es eine der üblichen Schulwochen werden. Und doch weiß jeder, dass das nicht stimmt. Schon am Donnerstag und Freitag werden die Lehrerinnen und Lehrer der Waldorfschule in Eriwan mit verblüffenden Streichen der Schüler überrascht und es kam auch schon öfter vor, dass dem Treiben der Schüler der Unterricht zum Opfer fiel. Die Konsequenzen? Keine. Es ist Fastnachtwoche oder Barikentanwoche –  wie man in Armenien sagt.

Am folgenden Samstag findet dann der inzwischen schon legendäre Fastnachtsball statt, eine Möglichkeit für Lehrer und Oberstufenschüler sich wieder zu versöhnen. Eigentlich sollen es nur Oberstufenschüler sein. Um das zu garantieren, gibt es Türsteher, deren scharfes Auge die kostümierten Menschen beäugt. Doch darin liegt das Problem – die Kostüme. So kommt es hin und wieder vor, dass sich doch ein Neuntklässler unter die Feiernden mischt. Aber es ist ja Fastnacht und so wird darüber hinweggesehen.

Die Ausgelassenheit dieser Woche ist für die Schule etwas ganz besonderes. Bis 2005, dem Jahr also, das aus der staatlichen, experimentellen eine private Schule werden ließ, bestand immer die Gefahr einer Schließung. Hinzu kam eine öffentliche Hetzkampagne gegen die Waldorfschule. Viel Zeit für ausgelassene Stunden blieb nicht. Bis heute ist jeder Schritt in der Öffentlichkeitsarbeit der Schule und jede Aufführung ein möglicher neuer Anhaltspunkt für die Gegner der Schule. Doch die Gefahr der Schulschließung ist gebannt und ebenso ist deutlich geworden, dass neben der Elternschaft, von der keiner während der Krisenzeit sein Kind von der Schule nahm, auch auf politischer Ebene Menschen sind, die eine alternative Pädagogik als wichtig und richtig erachten.

Denkt man an die Zeit zwischen 1918 und 1920, in der Armenien eine unabhängige Republik war und eines der demokratischsten Bildungsgesetze in Europa vorweisen konnte, welches jeder Schule – gleichgültig ob staatlich, privat oder in freier Trägerschaft – die gleiche Unterstützung garantierte. Auch wenn die heutige Situation mit der damaligen nicht vergleichbar ist, so hat doch die Phase der Ablehnung einer Vielfalt im Bildungswesen ein Ende gefunden.

Die Privatisierung der Schule und der damit einhergehende Verlust der staatlichen Subventionen hat das Erheben von Schulgeldern notwendig gemacht. Infolgedessen kommen die Schüler oft aus Familien von Intellektuellen. Das soziale Engagement der Schule ist hoch. Seit Jahren werden in die Klassen Menschen mit Behinderungen integriert. Da der Zuspruch bis heute sehr zugenommen hat, trägt sich die Leitung der Schule mit dem Gedanken, eine weitere Initiative zu gründen, die den Ansprüchen dieser Schülerinnen und Schüler besser gerecht werden kann.

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