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Brasilien/ Venezuela: Ein Land in der Krise

Ein Interview mit dem Notfallpädagogen Reinaldo Nascimento über die Lage der venezolanischen Flüchtlinge in Brasilien


Wegen der politischen und wirtschaftlichen Krise in Venezuela fliehen hunderttausende Venezolaner in die Nachbarländer. Die ärmsten Flüchtlinge stranden im Norden Brasiliens. Das bringt Probleme mit sich. Die Notfallpädagogik der Freunde der Erziehungskunst hat sich ein Bild von der Lage gemacht, erste Trainings vor Ort durchgeführt und bereitet derzeit einen Akuteinsatz vor.
 

Warum fliehen die Menschen aus Venezuela in das benachbarte Brasilien?
Seit Jahren herrscht massives Chaos in Venezuela. Starke Inflation und hohe Kriminalität sowie Hunger, Wassermangel, unzuverlässige Stromversorgung und fehlende Medikamente erschweren das Leben in Venezuela zunehmend. Die aktuelle politische Unsicherheit verschärft die Situation dramatisch. 2,3 Millionen Menschen haben in den letzten Jahren das Land verlassen und es werden sichtlich mehr.

Wo sind Sie mit der Notfallpädagogik tätig?
Wir sind in der Stadt Boa Vista tätig, wo die meisten venezolanischen Flüchtlinge ankommen. Boa Vista ist die Hauptstadt von Roraima, einem kleinen und abgelegenen Bundesstaat im äußersten Norden Brasiliens. Es gibt keine Straßenverbindung zum Rest des Landes, nur nach Manaus und dorthin sind es 800 Kilometer mitten durch den Urwald. Wir arbeiten mit lokalen NGOs und internationalen Organisationen wie UNICEF oder UNFPA (United Nations Populations Fund) zusammen. Bei der Exploration konnten wir mit 150 Menschen (Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, etc.) arbeiten, die für ca. 6.000 Flüchtlinge zuständig sind.

Wie ist die Situation der Flüchtlinge?
Brasilien hat bis jetzt 103.000 Flüchtlinge aus Venezuela aufgenommen. Es wird erwartet, dass weitere 100.000 in diesem Jahr das Nachbarland erreichen werden. ACNUR/UNHCR hat Zelte für die Flüchtlinge erreichtet und Sporthallen bereitgestellt, in denen die ankommenden Menschen untergebracht werden. Aktuell sind das 6.000 Flüchtlinge. Unter ihnen leben 1.000 Indigene, die in den Sporthallen untergebracht sind. Sie schlafen dort in Hängematten und kochen ihr Essen selbst, was in ihrer Kultur von großer Bedeutung ist. Für die anderen Flüchtlinge wird das Essen zentral zubereitet. Es ist sehr heiß in Boa Vista. Hier wechselt sich sengende Hitze mit tropischen Gewittern ab, die ganze Straßenzüge unter Wasser setzen. Die Stadt ist abwechselnd heiß und staubig, dann schwül, nass und verschlammt. Und trotzdem sagen die Menschen, es gehe ihnen hier besser als in Venezuela.

Wie kann Notfallpädagogik helfen?
Mit der Notfallpädagogik arbeiten wir besonders in den Aufnahmezentren des Flüchtlingslagers. Hier kommen die Familien an, voller Verunsicherung und Angst. Neben der direkten Akutversorgung von Kindern arbeiteten wir mit lokalen und internationalen Fachkräften und sprechen mit ihnen über die Entstehung, den Verlauf und die möglichen Folgen einer Psychotraumatisierung und führen sie in die notfallpädagogische Methoden im Umgang mit traumatischem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen ein.

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