Im Ahrtal und den anderen von der Flut 2021 betroffenen Gebieten ist die Verwüstung von damals in diesem Sommer zwei Jahre später leider noch stark wahrnehmbar. Während ein Großteil der Häuser und Straßen mittlerweile wiederhergestellt wurden, sind zwischen den renovierten und neu gebauten Häusern auch immer wieder die entkernten Rohbauten zu sehen, die noch nicht abgerissen oder saniert wurden. An der Ahr sieht man die Brückenruinen, die momentan als Steinhaufen auf beiden Seiten des Ufers auf ihren Wiederaufbau warten und die brachliegenden Flächen, auf denen Materialien und Arbeitsgerät gelagert werden. Auch in den Erinnerungen der Menschen lebt die Katastrophe in intensiven Bildern und schwierigen Gefühlen fort. Für viele ist es nicht leicht auszuhalten, wenn es mal länger oder intensiver regnet. Manche werden durch das Geräusch laut strömenden Wassers an die Panik dieser Nacht erinnert. Eine Erzieherin berichtete uns, dass ein Kind, das die Flut als Baby erlebt hat, im Kindergarten immer völlig außer sich ist, wenn es draußen die Sirenen der nahegelegenen Feuerwehrstation hört. Dank der Unterstzützung durch Aktion Deutschland Hilft sind wir in der Lage, hier weiterhin notfallpädagogisch zu arbeiten.
Unser Workshop für Erwachsene zur Notfallpädagogik in Kooperation mit dem Kinderschutzbund Ahrweiler im Caritas-Begegnungshaus in Ringen am zweiten Jahrestag der Flut wurde sehr gut besucht und angenommen. Die Eltern und Erzieher:innen konnten auf ihre drängenden Fragen zum Umgang mit traumatisierten Kindern, Kindern mit kompliziertem Bindungsverhalten und eigene flutbedingten Stressoren Antworten finden. Den Teilnehmenden wurden Rituale und Entspannungsübungen weitergegeben, die sie in ihrem Alltag mit den Kindern einsetzen können. Es gab einen regen Austausch und am Ende kam der starke Wunsch nach Folgeterminen auf.
Auch gut besucht wurde das von uns finanzierte Angebot des Atelier Artig, welches im Juni eine Kick-Off-Veranstaltung für ein fortlaufendes Programm für betroffene Schüler:innen angeboten hatte. Das Bedürfnis nach kreativem Selbstausdruck wird daran deutlich, dass die Kinder freiwillig an einem heißen Sommertag am Wochenende in die Schule kamen, um Kunst zum Thema Helden zu machen. Die künstlerische Arbeit kann die Kinder im Verlauf der kommenden Monate in ihrem Selbstvertrauen und in ihrer Resilienz bestärken.
In unserem Kinderferienangebot in der Eifel vom 10.-14. und 17.-21.07. erhileten die Kinder einen wertvollen Rahmen, in dem sie loslassen und verschiedene Stressfaktoren verarbeiten konnten. Auch für die Familien der Kinder sind solche kostenlosen Angebote wichtig, da die Eltern Raum bekommen, den bürokratisch meist sehr aufwendigen Wiederaufbau weiter zu koordinieren, oder sich in dieser immer noch sehr herausfordernden Zeit sich um sich selbst zu kümmern. Es wurden Übungen aus der Theater- und Kunstpädagogik/-therapie, als auch Fadenspiele und Musik angeboten und gut von den Kindern angenommen. In der zweiten Woche kam als Highlight für die Kinder das Puppentheater Karfunkelstein zu Besuch, um ihnen eine lebendige und inspirierende Geschichte vorzuspielen.
Am 16.08. boten wir außerdem zum zweiten Mal dieses Jahr einen Klang- und Malworkshop an. Dieses Mal waren flutbetroffene Erwachsene ins Caritas Gemeinschaftshaus oberhalb des Ahrtals eingeladen, um sich dort bei einer musikalischen Klangreise zu entspannen, die Lasten des Alltags fallen zu lassen und mit Aquarellfarben in den Fluss zu kommen. Die Teilnehmenden waren dankbar für diesen freien und bewertungsfreien Ansatz, künstlerisch tätig zu sein und gingen am Ende angeregt und gleichzeitig gelöst mit ihren Bildern nach Hause.
Es ist geplant, die Angebote in diesem Stil weiter durchzuführen und unser Angebot bedarfsorientiert auszuweiten. Im Herbst starten wir beispielsweise zusammen mit einem darauf spezialisierten Hof ein traumapädagogisches Angebot mit Pferden in der Eifel.
Johannes von Mitzlaff