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Notfallpädagogischer Workshop in der Slowakei: „Meine Erlebnisse sind noch sehr frisch“

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Die Kiewer Waldorflehrerin Polina Viktorova beschloss, mit ihrem Kind die Ukraine zu verlassen und ging in die Slowakei. Am 27.03 nahm sie in Bratislava an einem notfallpädagogischen Seminar der Freunde der Erziehungskunst teil Hier berichtet sie über das Erleben ihrer eigenen Traumata und die Wirkung der Notfallpädagogik, die sie – trotz der Sprachbarriere – deutlich wahrnehmen konnte.

„Mein Name ist Polina Viktorova. Ich komme aus der Ukraine, aus Kiew. Ich bin Waldorflehrerin und habe vor dem Krieg an der Waldorfschule Yavir gearbeitet. Der Vater meines Sohnes ist seit dem ersten Tag des Krieges an der Front und nimmt aktiv an den Kämpfen teil.

Die Entscheidung, in die Slowakei zu kommen, war für mich und meinen Sohn sehr schwer. Aber wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, weil es während des Krieges immer schwieriger wurde, in der Ukraine zu bleiben. Wir wurden von einer sehr guten Familie aufgenommen, die uns in allem hilft und uns sehr unterstützt. Mein Kind kann in der Waldorfschule in Bratislava am Unterricht teilnehmen, und auch ich kann hier in der Schule aktiv sein und mitarbeiten. Das war sehr wichtig für mich, denn so fühlte ich mich nicht von der Gesellschaft isoliert und bewege mich in einer vertrauten Umgebung – wenn auch in einem anderen Land.

Ich konnte an einem Workshop über Notfallpädagogik teilnehmen. Das war eine sehr interessante und nützliche Erfahrung für mich. Die Vorträge waren auf Deutsch und wurden ins Slowakische übersetzt, und die Teilnehmenden halfen uns, alles besser zu verstehen, indem sie ins Englische übersetzten. Das klingt kompliziert, aber es hat mich nicht davon abgehalten, vieles zu verstehen und für mich mitzunehmen.

Ich lernte etwas über die Stadien der Verletzung und ihre Symptome. Über die Dauer der Verletzungen. Über die Folgen. Über das posttraumatische Syndrom. Über viele andere Katastrophen auf der Welt und ihre Folgen für die Menschen. Darüber, wie man helfen kann.

Es war schwierig für mich, dem Vortrag zuzuhören und die Fotos zu sehen. Meine Erlebnisse sind noch sehr frisch und ich reagiere heftig auf Fotos, laute Geräusche und Erinnerungen an Ereignisse. Ich konnte an mir fast alle Symptome feststellen, über die gesprochen wurde.

Aber viele Dinge haben mich beruhigt. Dass die von mir erlebten Symptome ein typisches Bild für eine Verletzung ist. Dass ihre Behandlung Zeit braucht und noch nicht zu Ende ist. Dass traumatische Erfahrungen auch hilfreich sein können. Dass wir jetzt an einem sicheren Ort sind und der Körper einer gesunden Schule und Gesellschaft uns helfen wird. Auch die Aufmerksamkeit der Dozent:innen, die Gespräche mit ihnen, die Angebote zur Unterstützung haben geholfen, sich besser zu fühlen.

Meine Genesung verläuft sehr langsam. Es ist, als wäre ich in einem Zeitlupenfilm. Ich habe wenig Kraft, ich werde schnell müde, meine Stimmung wechselt ständig. Es braucht Zeit, bis das vorbei ist. So wie die Heilung einer Wunde. Und ich warte. Danke an alle, die mir auf diesem Weg helfen.“

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