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Gaza Oktober 2010

Lichtblicke in den Ruinen von Gaza

Der traumapädagogische Einsatz der „Freunde“ vom 23.10. bis 6.11.2010 im Gaza-Streifen

Die Wiedersehensfreude in dem von den "Freunden" errichteten Kinderschutzzentrum in Al-Zeitoun, einem Vorort von Gaza-Stadt, war groß. Die kontinuierliche Arbeit der "Freunden" in der Krisenregion und deren regelmäßiges Wiederkehren schafft eine wichtige Vertrauensbeziehung zwischen den Kindern und den deutschen Team-Mitgliedern. In einer Region, in der das Knattern von Maschinengewähren zum Alltag gehört, ist das Gefühl, nicht alleine gelassen zu werden, für die Stabilisierung der Betroffenen  äußerst wichtig. Krieg entsteht durch Menschenhand. Die Vertrauensbildung von Betroffenen in Mitmenschen ist daher ein wichtiger Aspekt traumapädagogischer Arbeit nach kriegerischen Auseinandersetzungen.

Anders als bei dem im Juli durchgeführten Einsatz der "Freunden" in Gaza standen im Herbst die Ausbildung pädagogischer Multiplikatoren sowie Elternberatungen im Fokus. Zwar arbeitete das Team auch direkt mit Kindern und Jugendlichen vor Ort, aber dies fand unterstützend und zur Veranschaulichung der in Trainings eingeführten Methoden statt.

Das Notfall-Team der "Freunden"widmete sich während seiner zwei-wöchigen Intervention vier Institutionen: den pädagogischen Betreuern des Kinderschutzzentrums in Al Zeitoun, den Kindern und Fachkräften des Al-Qattan Centers for the Child, den Kindergärten des Al-Qattan sowie der Atfaluna Gehörlosenschule in Gaza-Stadt.

Im Kinderschutzzentrum der "Freunden" herrscht ein sehr liebevoller und respektvoller Umgang zwischen Kindern und Betreuern, der sich im Lauf der letzten Woche entwickelt hat. Dennoch benötigen die lokalen Fachkräfte ein größeres Repertoire an Methoden. Sie äußerten außerdem den Wunsch, einen weiteren Raum anzumieten, so dass die Arbeit noch effektiver gestaltet werden kann. Die Einführung in das Nass-in-Nass Malen und die Methode der Kinderbesprechung nahm während der Trainings einen großen Teil ein. Wie wichtig der Kontakt zu den Eltern der Kinder ist, wurde den Betreuern bei einem gemeinsamen veranstalteten Elternabend deutlich.

Für die Zukunft ist der Ausbau der Elternarbeit in zweierlei Sicht wichtig: zum einen sollen die Eltern ein tiefes Verständnis für das oftmals schwierige Verhalten ihrer Kinder entwickeln. Zum anderen geht es auch um die psychosoziale Unterstützung der Eltern mit künstlerischen Angeboten und Bewegungselementen. Man darf nicht vergessen, dass auch die Erwachsenen unter den Folgen des Krieges und der andauernden Blockade leiden. Auch sie müssen bei der Verarbeitung der Erlebnisse unterstützt werden.

Im Al-Qattan for the Child, dem Kooperationspartner der "Freunden" in Gaza, gab es ein Training für Lehrer und Pädagogen, bei dem an den Vormittagen über die kindliche Entwicklung referiert wurde, um ein theoretisches Fundament zu schaffen. Anschließend wurden Workshops zu den Themen Kindergarten, Erlebnispädagogik, Eurythmie, Malen und Plastizieren und Rhythmik angeboten, bei denen sich die lokalen Fachkräfte rege beteiligten.

Die Kindergärten in Gaza stecken in einem Dilemma. Auf der einen Seite unterstehen sie nicht dem Ministry of Education und haben somit auch keinen feststehenden Lehrplan. Auf der anderen Seite wird von Schulanfängern erwartet, dass sie lesen, schreiben und rechnen können. Ihre Aufnahme in die Schule hängt von diesen früh erworbenen Fähigkeiten ab. Diese Situation stellt die Kindergärten vor die Herausforderung, den Kindern teilweise schon ab drei Jahren Schreiben und Lesen in arabischer und englischer Schrift beibringen zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist der Erwartungsdruck der Eltern auf die Kindergärtnerinnen hoch. Sie verlangen Hausaufgaben und einen sichtbaren Erfolg ihrer Kinder.
Um dieser Entwicklung kindgerecht entgegen zu wirken, plant das Al-Qattan in den nächsten zwei Jahren eine inhaltliche Umstrukturierung von (zuerst) sechs Kindergärten. In diesem Zusammenhang stellte ein Team der "Freunden" den inhaltlich- methodischen Aufbau von Waldorfkindergärten, wie auch die räumliche Struktur und Gestaltung vor. Im Einzelnen wurden Methoden und Spiele anhand praktischer Durchführung erklärt und im Detail auf die Wirkung und den Sinn dieser Spiele eingegangen.
Die Erwartungen an die Ausbildung der Kinder im Kindergarten werden sich wahrscheinlich nie ändern. Doch ist es in Teilbereichen möglich, spielerische Methoden einzubauen und so das Lernen auf einer weniger intellektuellen als vielmehr auf einer emotionalen Ebene stattfinden zu lassen.

In der Gehörlosenschule Atfaluna in Gaza-Stadt gab es drei Tage lang erlebnispädagogische und künstlerische Tätigkeiten für die Kinder.

Kinder sind die Zukunft eines Landes. Sie altersgerecht auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen in der permanent bedrohlichen Situation unterstützend zur Seite zu stehen, ist unter dem Gesichtspunkt der Gewaltprävention von großer Bedeutsamkeit. Die Freude der Kinder, mit der sie tagtäglich in das Camp gehen, die Art und Weise, wie sie ihre Betreuer ansprechen sowie die Berichte der Eltern über die positive Entwicklung der Kinder sind Zeugnis der erfolgreichen Arbeit im Child Friendly Space. Die fachliche Weiterbildung derjenigen, die sich tagtäglich um das Wohl der Kinder in Gaza kümmern, wird im Februar 2011 mit Förderung des Auswärtigen Amtes fortgesetzt werden.

Ein elf-köpfiges traumapädagogisches Team  der Freunde der Erziehungskunst – Notfallpädagogik führte vom 23.10. bis 6.11.2010 seinen zweiten vom Auswärtigen Amt geförderten Einsatz in Gaza durch.

Dem traumapädagogischen Team der "Freunde" gehörten an: Kristina Manz (Einsatzleitung), Lukas Mall (stellv. Einsatzleiter und Leitung pädagogisch-therapeutisches Team), Christiaan Liedorp (Waldorfpädagoge), Hans-Joachim Sennock (Waldorfpädagoge), Monika Görzel-Straube (Waldorfpädagogin), Annekatrin Vogler (Erlebnispädagogin), Friedgard Kniebe (Kleinkindpädagogin), Heike Böhret (Kleinkindpädagogin), Pia Büchi (Ärztin), Bernhard Merzenich (Eurythmie), Kristian Stähle Ario (Kunsttherapie), Katrin Sauerland (Kunsttherapeutin).

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