WOW-Day Märchen des Monats - September 2020
Eine Geschichte von Michael
Ein Märchen, das aus Washington, USA nach Argentinien wanderte

Tafelbild und Foto des Sozialprojekts CultivArte.
Eines Tages, als der Sommer zu Ende ging, wanderte ein kleiner Junge mit seinem Vater über die Felder und Obstwiesen. Die Luft war rein und frisch, das Licht war golden. Die helle Sonne hatte die Weizenkörner mit Sommerlicht gefüllt. Die Weizenkörner waren so reif, dass ihre Schalen fast barsten. Die Äpfel waren reif und rot und kurz davor vom Baum zu fallen. Am Tage arbeiteten der Vater und sein Sohn. Wieder und wieder schärfte der Vater seine Sense, pfiff und sang während der Arbeit. Der Junge musste eine schmale Leiter emporklettern, um die gelben und roten Äpfel vom Baum zu pflücken.
Zuerst hatte der Junge Angst die Sprossen hinauf zu klettern. Er dachte sie könnten nachgeben, aber dann bekam er Mut und stieg hinauf. Oben auf der Gartentreppe, füllte er Korb um Korb mit reifen, roten Äpfeln. Endlich wurde es spät. Der Vater und das Kind hatten hart und gut gearbeitet. Sie gingen nach Hause, wo die Mutter mit einem köstlichen Abendessen wartete; und sie gingen ins Bett.
In der Nacht, als das Kind schlief, erschien ihm ein hell-leuchtendes Wesen namens Michael und sagte: Komm mit mir, ich zeige Dir etwas Besonderes. Michael nahm das Kind an der Hand und zusammen stiegen sie hoch, hoch, hoch; bis sie das Reich der Sterne erreicht hatten. Die Sterne strahlten unglaublich hell als Michael an ihnen vorbei zog und sie mit seinem leuchtenden Schwert berührte. So viel Liebe und Kraft erging von der Berührung des Schwertes, das diese die Sterne erschaudern ließ, so dass Michael und der Junge helles Licht und schillernde Feuerschläge zurückließen, während sie an den Sternen vorbeizogen. Sie zogen weiter und Michael sagte dem Jungen wie glücklich er darüber war, den Jungen Äpfel ernten gesehen zu haben. Er hatte ihn auf der Leiter gesehen, wie er den ganzen Tag die Körbe mit reifen, roten Äpfeln füllte. Dann nahm Michael sein leuchtendes Schwert und verwandelte es in eine Leier und begann ein Lied zu spielen. Das Lied war so rein, gut und wahr, dass das Kind noch eine lange Zeit blieb, um zuzuhören.

Als er am nächsten Morgen aufwachte, erzählte der Junge dem Vater von Michael und dessen leuchtendem Schwert und von dem Lied. „Ich würde gerne noch einmal zu den Sternen gehen“, sagte er. Sein Vater sagte zu ihm: „ Komm mit mir, ich zeige Dir etwas Besonderes. Heute werden wir nicht auf den Feldern und in den Obstgärten arbeiten. Heute wirst Du zu Hause arbeiten“. Den ganze Vormittag über polierten Vater, Mutter und Kind die gelben und roten Äpfel, die der Junge am Vortag geerntet hatte. Als sie ihre Arbeit beendet hatten, war es Zeit zu essen. Die Mutter nahm ein Messer und schnitt einen schönen roten Apfel entzwei – und in dem Apfel war ein Stern...
Die Geschichte stammt aus dem Sozialprojekt CultivArte, Buenos Aires, Argentinien. Angesichts der schlimmen unbetreuten Situation für kleine Kinder in Buenos Aires‘ Vorstadt San Fernando in Argentinien entschieden sich vor etwa 15 Jahren einige ehemalige SchülerInnen der Escuela Arcangel Micael, gemeinsam etwas zu tun. Entstanden ist ein Ort, an dem die Kinder zum Spielen kommen können. Auch können sie Stoff, den sie in der Schule nicht richtig verstanden haben, erklärt bekommen. Über vierzig ehemalige WaldorfschülerInnen arbeiten seither ehrenamtlich für CultivArte, das in den letzten Jahren sehr gewachsen ist. Als Vesper gibt es nicht mehr nur Saft und Kekse sondern ein mit einer Ernährungsphysiologin ausgearbeitetes nahrhaftes Menü (oft fragen die Mütter nach den Rezepten). Eine Sozialarbeiterin hilft, dass die Familien mit den lokalen Dienstleistungen (Augenarzt, Klinik, Sozialarbeiter, Psychologen usw.) in Kontakt kommen.
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Die Sammlung von Märchen und Gedichten aus aller Welt ist das Ergebnis des Aktionstages Waldorf-One-World-Day, kurz WOW-Day. An diesem Tag setzen sich Kinder und Jugendliche direkt und aktiv für eine bessere Welt ein. Dazu organisieren sie eine Vielzahl außergewöhnlicher Spendenaktionen, die Menschen auf allen Kontinenten miteinander verbinden. Der Erlös schenkt Kindern Schulzeit, eine schützende Gemeinschaft oder eine warme Mahlzeit. >> mehr zum WOW-Day

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