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Brno - junge Waldorfschule in Tschechien

Wenn wir unsere Schule, die Waldorfschule Brno, mit einem Menschen vergleichen, so ist sie ein junger Erwachsener, der gerade dabei ist, das elterliche Haus auf seinem Weg in die Unabhängigkeit zu verlassen – mit einem außerordentlich starken Willen.

Nach zehn Jahren des Zusammenlebens mit vier verschiedenen Schulen (nacheinander) in verschiedenen Teilen der Stadt, konnten wir mit großer Mühe endlich ein eigenes Gebäude erhalten. Wir werden einziehen können, wenn die notwendige Rekonstruktion organisiert, bezahlt und verwirklicht sein wird – hoffentlich im September 2009. Und wir freuen uns sehr darauf!

Diese Situation fällt mit unserem ersten vollständigen Durchgang zusammen. Nach neun Jahren verließen unsere ersten Absolventen unsere Schule, und wir sind stolz, sagen zu können, dass sie erfolgreich an andere Oberstufen gewechselt sind.

Das junge Alter unserer Schule wird auch von unserem Kollegium gespiegelt – die meisten von uns sind junge, enthusiastische, inspirierte und doch rationale Menschen. Verglichen mit dem tschechischen Durchschnitt haben wir auch relativ viele männliche Lehrer.

Unsere Elternschaft ist außerordentlich treu und willensstark. Man muss sich vorstellen: Sie waren selbst dann entschlossen, mit der Schule umzuziehen, wenn sie wussten, dass es nur für drei oder gar nur ein Jahr war – ganz abgesehen von dem ständigen Ortswechsel von einem zum anderen Ende der Stadt! Manche Familien zogen auf den Wegen der Schule sogar selbst mit um. Jährliche Umzüge und Renovierungen von Klassenräumen oder die Organisation von Festen und anderen Ereignissen ist also „gar nichts“ für sie (was natürlich nicht stimmt, denn jedes Ereignis verlangt viel Zeit und Mühe, aber unsere wunderbaren Eltern sind immer dazu bereit und tun es mit viel Charme und Humor). Nehmen wir als Beispiel die Entdeckungsreisen der Siebtklässler...

Entdecker auf gefährlicher Reise

Die historischen Entdeckungsreisen sind das geschichtliche Hauptthema in der 7. Klasse einer Waldorfschule. Wie kann man sich in diese furchtlosen Entdecker hineinversetzen, in ihre entbehrungsvollen und gefährlichen Reisen in das Unbekannte? Wir können einem Verständnis wahrscheinlich näherkommen, wenn wir etwas unternehmen, was dem zumindest entfernt ähnlich ist. Also...

Ein Besuch bei Ihrer Majestät und ihrem Gefolge von Beratern verlief reibungslos, auch wenn Ihre Hoheit mehrere kritische Kommentare in Bezug auf die Schwachstellen des Budgets und gewisse Details der Planung äußerte. Sie war auch nicht in dem Maße bereit, die königliche Geldbörse zu öffnen, wie wir es gehofft hatten...

Wie schwer waren die Geräte und Werkzeuge, der Proviant, notwendige Kleidung und andere Ausrüstung, als wir aus drei verschiedenen Richtungen die ewig erscheinende, 20 km lange Reise unternahmen! Dort fanden wir dann die Bäume vor, die markiert worden waren, um gefällt zu werden. Wir wechselten uns in den Arbeiten ab – einer hatte sich um das Feuer zu kümmern und zu kochen, während die anderen mit dem Fällen der Bäume beschäftigt waren. Und man denke nicht, die Bäume hätten direkt am Wasser gestanden. Keineswegs! Wir mussten sie dorthin ziehen, und manchmal war selbst das unmöglich. Man versuche einmal, einen sechs Meter langen Stamm zu tragen, selbst wenn er nur 20cm im Durchmesser hat!

Den ganzen Tag und die Nacht und bis in den nächsten Tag hinein arbeiteten drei verschiedene Crews hart daran, der Idee eines Fahrzeuges Gestalt zu verleihen, das sie über das große Gewässer tragen würde, um dort in der Ferne wertvolle Gewürze zu erwerben... Nicht nur ein Tropfen Schweiß (und sogar Blut) wurde vergossen, um die Vision zu erreichen.

Endlich wurden die Katamarane an den Rand des Wassers gezogen. Die Wellen umschmeichelten sie und luden sie zu freudvollem Spiel. Doch die edlen Gefährte mussten ihre Begierde unter Kontrolle halten, bis ihnen von der bezaubernden Hand ihrer Königin ihre schicksalsschweren Namen gegeben worden waren: Nina, Pinta und Santa Maria.

Auf der Reise mussten weitere Opfer gebracht werden. Konfrontiert mit Fehlern in der Berechnung der Ladekapazität ihrer Schiffe, mussten die Entdecker in das kalte Wasser voller grüner und brauner Phantome eintauchen, um sicherzustellen, dass ihre Gefährte sich weiter in Richtung der fernen Horizonte bewegten. Vor ihnen lag die Vision, unbekannte Länder zu finden und wertvolle Gewürze zu erwerben, die dann (trocken!) dem verehrten königlichen Paar übergeben werden konnten – gegen einen fetten Preis (oder zumindest eine gewisse Belohnung).

Während der Reise mussten die Entdecker sehr aufmerksam ihre Umgebung beobachten, um später fähig zu sein, Karten der neuen Gebiete anzufertigen. Der Wert dieser Karten wäre so hoch – oder gar höher – wie der der Gewürze. So prägten wir uns die Todesbucht, den Goldenen Strand, den Wilden Moskitofluss, den Tempel der Goldenen Sonne (ein Ameisenhaufen) und andere Landmarken ins Gedächtnis.

Auch ein Kampf mit blutrünstigen Piraten war nicht einfach, aber wir besiegten sie und eroberten so auch die schwachen Überbleibsel ihres früheren Ruhmes. Erschöpft und halbtot vor Hunger, betraten wir zuletzt wieder die Küste unserer Väter und traten stolz dem königlichen Paar gegenüber. Sie erwiesen unseren übergroßen Mühen ihren Respekt, versprachen uns die Ritterschaft und gaben uns – den wiedergekehrten Helden – zur Ehre ein großes Fest...

Julie Šťastná (übers. hn)

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