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Erfolgreiche Arbeit und große Sorgen

In Rumänien gibt es einige erfolgreiche heilpädagogische und sozialtherapeutische Initiativen: Bukarest und Urlati im Südosten, Simeria und Umgebung im Westen. Welche Schwierigkeiten die Heilpädagogen in Rumänien haben, zeigt das Beispiel Simeria.

In Simeria blickt man nun schon auf 15 Jahre Arbeit zurück – alles begann 1990 kurz nach der Wende. 2002 kamen "Tochterschulen" in weiteren Orten des Verwaltungsbezirks hinzu: Hunedoara, Orastie, Petrosani, Vulcan. Insgesamt werden hier heute 330 Kinder und Jugendliche von rund 100 Mitarbeitern betreut. In Simeria sind 38 junge Menschen außerdem schon in die Sozialtherapie hineingewachsen. Sie können u.a. beim Weben, Buchbinden oder in der Gärtnerei tätig werden.

In Simeria blickt man nun schon auf 15 Jahre Arbeit zurück – alles begann 1990 kurz nach der Wende. 2002 kamen "Tochterschulen" in weiteren Orten des Verwaltungsbezirks hinzu: Hunedoara, Orastie, Petrosani, Vulcan. Insgesamt werden hier heute 330 Kinder und Jugendliche von rund 100 Mitarbeitern betreut. In Simeria sind 38 junge Menschen außerdem schon in die Sozialtherapie hineingewachsen. Sie können u.a. beim Weben, Buchbinden oder in der Gärtnerei tätig werden.

Fünf Busse und ihre Fahrer helfen, daß täglich rund 500 Menschen morgens ihr Ziel erreichen und abends wieder nach Hause kommen – darunter auch viele Schüler der Waldorfschule Simeria.

Wie umfangreich die Tätigkeit inzwischen ist, kann man an den größeren Projekten allein des letzten Jahres erkennen, die jeweils mit Spenden verschiedener Stiftungen möglich waren: In Simeria wurden (auch mit unserer Hilfe) Erdgasleitungen verlegt und Zentralheizungen eingebaut. Ein Pferdestall für drei Pferde entstand (therapeutisches Reiten). Das Dach des großen Zentralpavillons wurde ausgebessert und ein befestigter Zufahrtsweg für Rollstühle angelegt. Im November begann eine berufsbegleitende Ausbildung für 72 Teilnehmer. Und nicht zuletzt entstand in Cluj eine neue Initiative, die man auch künftig unterstützen möchte, ebenso wie das Zentrum "Orfeu" im benachbarten Moldawien.

Rechtsträger für all diese Arbeit ist der Verein Hans Spalinger. Geschäftsführer Adrian Pintea führt zahllose anstrengende und oft enttäuschende Verhandlungen mit den Behörden, zum Beispiel dem Schulinspektorat, dem Bezirksrat oder der Generaldirektion für Soziales und Kinderschutz. Da der Verein kein eigenes Budget hat, tut er all dies neben seinem eigentlichen Beruf: abends, nachts, am Wochenende, im Urlaub...

Nationale Vereinigung gegen Behördenschikane

Für die Kontakte auf nationaler Ebene – mit dem Bildungsministerium – wurde außerdem eine Vereinigung für Heilpädagogik gegründet, die bisher ebenfalls kein eigenes Budget hat. Wie notwendig diese Interessenvertretung ist, zeigt sich, wenn man die rumänische Situation etwas genauer kennt.

Die meisten laufenden Kosten wurden von Beginn an vom Staat gedeckt – zunächst über die Zusammenarbeit mit dem Schulinspektorat. Doch mit jedem Politwechsel werden nicht nur alle leitenden Beamten bis auf die unterste Ebene ausgetauscht, es gibt auch immer wieder Veränderungen in der Verwaltungsstruktur. Im Jahr 2000 entschied die nationale Behörde für Kinderschutz, daß das Schulinspektorat nur noch für Erziehung zuständig ist. Die sozialen Dienste (Mahlzeiten und Transport) sowie die Familienhäuser sollten künftig zentral von der Generaldirektion verwaltet werden.

Diese "Neuerung" wurde nicht in allen Bezirken umgesetzt, und Adrian Pintea versuchte, sie auch im Bezirk Hunedoara aufzuhalten – vergeblich. Gewisse Interessen hochrangiger Beamter waren stärker. Niemand weiß, wieviele Gelder im Korruptionssumpf versickern. Klar war aber schnell, daß viele der nun zuständigen Beamten es als Zeitverschwendung ansahen, sich um behinderte Kinder zu kümmern, die "nichts produzieren". Dasselbe Menschenbild wie vor 15 Jahren.

Alles, was man brauchte, wurde nun von einer zentralen Stelle in der Stadt Deva verwaltet und geliefert – oder auch nicht. Es gab Verträge z.B. für die Lebensmittellieferungen. Die zentrale Behörde entschied, was die Kinder in Simeria essen. Generell nicht bezahlt wurden zum Beispiel Arzneien, aber auch Ausflüge. Doch auch für notwendige Reparaturen, für Diesel und vieles mehr reichte das Geld nicht. Adrian Pintea stellte immer wieder Anträge. Immer wieder hieß es dann, es sei kein Geld mehr da. Er beantragte, daß auch Obst geliefert wird – abgelehnt. Das ist Rumänien! Um wirklich für die Kinder sorgen zu können, bräuchten Simeria und die kleineren Tochterschulen mindestens 20.000 Euro zusätzlich, allein für die laufenden Kosten.

Doch zumindest die Behörden-Schikane hat jetzt ein Ende. Im November erreichte die Vereinigung für Heilpädagogik in direkten Verhandlungen mit dem Ministerium, daß durch eine Gesetzesänderung die Heilpädagogik offiziell anerkannt wurde. Ergänzende Vereinbarungen erlaubten dem heilpädagogischen Zentrum Simeria, alle "Dienstleistungen" ganz in die eigene Regie zu übernehmen. Die Verhandlungen mit den mißgünstigen Behörden auf lokaler Ebene wurden Ende Januar abgeschlossen.

Zukunftssorgen

Kaum aber sind einige unmittelbare Sorgen gelöst, wird der Blick für die Zukunft schärfer. Schon jetzt ist klar, daß der Hans Spalinger Verein, aber auch die Vereinigung für Heilpädagogik künftig nicht mehr ehrenamtlich betrieben werden können. Die Ausbildung neuer Fachkräfte müßte professionell aufgebaut und strukturiert werden. Weitere dringliche Fragen betreffen die Entwicklung von Qualitätsstandards oder die Finanzierung dringlicher Reparaturen und anderer Notsituationen.

Ohne kraftvolle Hilfe durch Freunde aus dem Westen droht die bisherige Arbeit ihren Boden zu verlieren. Nach einer 15-jährigen erfolgreichen Aufbauarbeit sind jetzt die Früchte dieses Tuns gefährdet. Und damit die Betreuung von hunderten Kindern und Jugendlichen, die ohne die anthroposophischen Initiativen keine Perspektive haben.

Holger Niederhausen

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