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Loy Kratong, Fest der schwimmenden Laternen

(aus: Waldorfpädagogik weltweit, S. 134-135, Copyright-Hinweise beachten!)

So wie ein kleiner Funke ein Feuer entzünden kann, so wurde Waldorfpädagogik von einer kleinen Gruppe von Leuten initiiert, denen die Erziehung von Kindern in Thailand am Herzen lag. In den 90er-Jahren erzählte Ingrid Liebig-Hundius, eine Auslandsdeutsche, thailändischen Erziehern über Waldorfpädagogik und schlug Abhisiree Chanranjavanaphet, der Leiterin des Baan Rak Kindergartens in Bangkok, vor, Waldorfkindergärten in Europa zu besuchen. Dadurch wurde Waldorfpädagogik einer ersten Öffentlichkeit bekannt.

Erst als Janpen und Dr. med. Porn Panosot mit abgeschlossenem Studium der Waldorfpädagogik vom Sunbridge College, USA zurückkehrten, konnte sich Waldorfpädagogik im buddhistischen Thailand verwurzeln. Besorgt über die Not unterprivilegierter Kinder hatten sie begonnen nach einer Pädagogik zu suchen, die diesen Kindern hoffentlich eine bessere Zukunft bringen würde. Zufällig hatten sie Ingrid Hundius und Abhisiree Chanranjavanaphet getroffen. Sie entschlossen sich, alles hinter sich zu lassen und am Sunbridge College zu studieren. Nach ihrer Rückkehr wurden Vorträge über Waldorfpädagogik veranstaltet, künstlerische Aktivitäten für Kinder eingerichtet, die großen Anklang fanden, und jeden Samstag künstlerische Kurse für benachteiligte Kinder eines großen staatlichen Waisenhauses gegeben. Diese Kurse werden bis heute fortgeführt.

Panyotai, die Weisheit erwecken

1996 wurde die Panyotai-Schule (Panyotai heißt "Weisheit erwecken") als erste Waldorfschule in Thailand gegründet. Ein Haus in ruhiger Nachbarschaft wurde von Freunden gemietet und für diesen Zweck eingerichtet. In den sechs Jahren ihres Bestehens wuchs die kleine Schule von ursprünglich drei Kindern im Kindergarten und vier Kindern in der ersten Klasse zu einer Schule mit sechzig Kindern an. Mit zehn Lehrern und einigen Eltern hat die Schule den Beweis erbracht, dass Menschen selbstlos für die Erziehung ihrer Kinder zusammenarbeiten können. Die Hingabe der Lehrer hat die Eltern der Panyotai-Schule darin bestärkt, dass Waldorfpädagogik für ihre Kinder bereichernd wirkt.

Zwei große Konferenzen und die Ausstellung "Waldorfpädagogik" der Freunde der Erziehungskunst, die 1996 an der Chulalongkorn Universität in Bangkok und der Universität von Chiang Mai organisiert wurden, ermöglichten der Öffentlichkeit mehr Verständnis für die Waldorfpädagogik.

Erste Absolventen des Lehrerseminars in Bangkok

Um ausgebildete Lehrer in Thailand zu bekommen, begann das "Zentrum für anthroposophische Studien Ratayakom" ("Der Pfad") 1999 einen Teilzeitkurs zur Waldorfpädagogik auf der Grundlage der Weisheit des Ostens und der Anthroposophie. 2001 schlossen fünf von vierzig Studenten den Ausbildungskurs ab. In der Zwischenzeit hat Abhisiree Chanranjavanaphet den Baan Rak Kindergarten ("Baan Rak" bedeutet "Haus der Liebe") mit über hundert Kindern in einen Waldorfkindergarten umgewandelt. Außerdem finden in Baan Rak Seminare und Gesprächskreise mit erfahrenen ausländischen Dozenten statt.

1999 wurde die Traidhaksa-Schule ("Traidhaksa" bedeutet "drei Fähigkeiten") gegründet, die Usa und Peerapong Thanompongpan gehört. Obwohl sie sehr erfolgreich in Politik und Wirtschaft sind, setzt sich das Ehepaar für die Verbesserung des thailändischen Schulwesens ein und hält Waldorfpädagogik für eine der Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Eine Lehrerin der Tridhaksa-Schule ist bereits ausgebildete Waldorfpädagogin und so ist zu hoffen, dass diese Arbeit von Erfolg gekrönt sein wird.

Die Zeiten ändern sich

Im Jahr 2000 wurde ein neues Bildungsgesetz erlassen, das mehr Gestaltungsraum für alternative Erziehungsansätze eröffnet. Zwei Paragraphen dieses Gesetzes beschreiben Herausforderungen unserer Zeit, die volle Entfaltung der Persönlichkeit jedes Einzelnen und einen umfassenden, ausgewogenen Unterricht. Diese Paragraphen sind das Resultat der Arbeit des Netzwerkes für Freiheit im Bildungswesen, in dem Panyotai als treibende Kraft tätig war. Jetzt braucht es weitere Arbeit, um die schönen Ideale in die Wirklichkeit zu übersetzen. Ein weiterer Vorteil dieses Gesetzes ist die Einführung einer kostenlosen zwölfjährigen Schulbildung für alle Kinder. Das bedeutet für die Waldorfschulen, dass sie ebenfalls staatliche Subventionen erhalten können. Aufgrund der staatlichen Finanzierung wird es eine Herausforderung sein, das rechte Verhältnis zwischen staatlichen Kontrollen und Freiheit in der Erziehung zu finden. Auf jeden Fall muss die Waldorfschule in Thailand die hohe Qualität ihrer Arbeit unter Beweis stellen, da der

Die alte Weisheit wieder beleben

Um eine originäre Waldorfpädagogik in Thailand zu entwickeln, war viel Forschungsarbeit zu leisten. Neben dem Buddhismus, Hauptreligion in Thailand, wurden traditionelle Haltungen und Kulturen studiert. Die beiden Hauptfeste, Songkran, das thailändische Neujahrsfest, und Loy Kratong, das Fest der schwimmenden Laternen, wurden mit neuem Verständnis in die Schule integriert. Buddhistische und chinesische Feste werden vor allem im Kindergarten das ganze Jahr über gefeiert, da diese beiden Kultureinflüsse das Land prägen.

In der ersten Klasse werden thailändische Märchen erzählt, die sorgfältig studiert und ausgewählt wurden, aber wenig bekannt sind. Sie leben aus denselben Qualitäten wie die Märchen im Westen. Die Geschichten von Arahats, einem erleuchteten buddhistischen Mönch, werden in der zweiten Klasse erzählt. Die Leiden der Kuan Yin, der chinesischen Göttin der Barmherzigkeit, ist eine sehr spannende Geschichte für achtjährige Kinder. Gut erzählt, kann die Geschichte der acht Unsterblichen oder die des chinesischen Affengottes einen kräftigen Eindruck auf die Kinder machen.

Die Drittklässler bauen eine Bambushütte während der Hausbauepoche und pflanzen und ernten Reis. Thailändische Volkssagen und Legenden werden in der Heimatkunde und Geographieepoche in der 4. Klasse behandelt. Für Fünftklässler sind sowohl die großen indischen Epen wie das "Ramayana" und die "Mahabharata" inspirierend als auch die Geschichte der großen chinesischen Denker wie Konfuzius. Wenn in europäischen Waldorfschulen in der 6. Klasse die Römer behandelt werden, so hören thailändische Kinder die Geschichte des Herrschers der Chin-Dynastie, der ganz allein das riesige chinesische Reich vereinigt hat.

Obwohl Thai-Kinder in ihrer Bewusstseinsentwicklung die gleichen Phasen durchmachen wie alle anderen Kinder der Welt, gibt es doch die eine oder andere kleine Verschiedenheit. Aus diesen Gründen wird die thailändische Musik, vor allem die Flöte, erst in der 3. und 4. Klasse eingeführt. Westliche Instrumente kommen in der 5. Klasse hinzu.

Im handwerklichen Unterricht wird mit Bambusblättern gewebt, mit Ton gearbeitet, Holz oder Leder verziert und dabei auf die alten Handwerkstraditionen Thailands zurückgegriffen. Englisch und Chinesisch werden von der 1. Klasse an unterrichtet, da sie ein Gleichgewicht zu der sehr verfeinerten thailändischen Sprache bringen.

Obwohl noch viele Hindernisse hinsichtlich der Gesetze und Regelungen überwunden werden müssen, hat die Waldorfpädagogik in Thailand eine helle Zukunft vor sich. Die einzige Frage ist, ob sie ihr Qualitätsversprechen halten kann.

PORN PANOSOT

Porn Panosot
Klassenlehrer, Mitwirkung bei der Waldorflehrerausbildung in Thailand.

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Häufiggestellte Fragen über den Freiwilligendienst