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Von der Integration ins staatliche Schulsystem

(aus: Waldorfpädagogik weltweit, S. 152-153, Copyright-Hinweise beachten!)

Bereits im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts kam Anthroposophie durch Emma Richmond nach Neuseeland. Ihre Tochter, die Lehrerin Rachel Crompton-Smith, eröffnete zusammen mit ihrem Mann Bernard Crompton-Smith 1917 die kleine St.-George-Schule in Havelock North, an der Mädchen und Jungen zusammen unterrichtet wurden, was für die damalige Zeit spektakulär war. Obwohl noch keine Waldorfschule, hat Rachel Crompton-Smith die Schule doch aus ihren Kenntnissen der Waldorfpädagogik geführt. Eine zweite Pionierin der Waldorfpädagogik in Neuseeland war Hedwig Julie Weiss. Sie wurde 1892 in Basel, Schweiz, geboren und kam, nachdem sie viele Vorträge von Rudolf Steiner gehört hatte, als Gouvernante nach Neuseeland. 1939 gründete sie einen Waldorf-orientierten Kindergarten in Lower Hutt. Später engagierte sie sich für das neu gegründete heilpädagogische Heim "Hohepa" in Napier, in dem sie Kinder mit Lernschwierigkeiten unterrichtete, und das bis heute das einzige heilpädagogische Heim auf anthroposophischer Grundlage in Neuseeland ist.

Internationale Studentengruppen

Das Gebäude der Queenswood-Schule wurde 1950 in Hastings gekauft, um dort die erste Waldorfschule Neuseelands zu gründen. Bis in die Mitte der 70er-Jahre hatte die Waldorfschule in Hastings zwei Kindergartengruppen und sieben Klassen; dann erst wurde mit dem Aufbau der Oberstufe begonnen. In dieser Zeit wurde auch das erste Lehrerseminar in Neuseeland gegründet, heute das Taruna College in Havelock North. Studierende aus aller Welt und seit kurzem vor allem aus den asiatischen Nachbarländern können sich hier auf ihre neuen Aufgaben vorbereiten. Parallel zur Welle der Neugründungen in Europa wurden in Neuseeland Ende der 70er-Jahre Waldorfschulen in Christchurch, Wellington, Auckland und später in Dunedin, Tauranga und Hamilton gegründet. Im Jahr 2000 gab es zehn Waldorfschulen, von denen vier eine Oberstufe haben. Waldorfkindergärten gibt es nicht nur im Zusammenhang mit den Schulen, sondern auch in vielen kleineren Städten.

Verschiedene Formen der Schulsubvention

In den ersten Jahren finanzierten Waldorfschulen sich durch Schulgeld, Schenkungen und Fundraising selbst. Lehrerinnen und Lehrer lebten von geringen Löhnen und Eltern leisteten Verzicht zugunsten der Schule. In den 50er- und 60er-Jahren erhielten freie Schulen in Neuseeland staatliche Unterstützung für Baukosten und Lehrergehälter.

Dennoch stellte der Aufbau der Oberstufe eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Schulgemeinschaften dar. Als die damalige Labour Party dann auch noch die Unterstützung aller freien Schulen einstellte, wurde die Situation kritisch. Da die Abschaffung staatlicher Subventionen für freie Schulen in Neuseeland kontrovers diskutiert wurde, erstellte die Regierung ein Programm, die "Private Schools Integration Act 1975", zur Integration freier Schulen in das staatliche Schulwesen. Dabei wurde auf den speziellen Charakter freier Schulen Rücksicht genommen.

Nach gründlicher Diskussion innerhalb der Waldorfschulen und mit den zuständigen Behörden entschieden sich 1989 die ersten beiden Waldorfschulen für die Integration ins staatliche Schulsystem, die übrigen Waldorfschulen folgten bald darauf. Von da an wurden Lehrergehälter und Betriebskosten vom Staat bezahlt. Reparaturkosten für Gebäude, Versicherungskosten und Gehälter einiger spezieller Lehrer, wie Eurythmielehrer und Kindergärtner, mussten weiterhin über Spendengelder finanziert werden.

Für die vierjährigen Kinder erhalten die Waldorfkindergärten keine staatlichen Subventionen, da sie im Vorschulalter sind und von der Abteilung für frühkindliche Erziehung finanziert werden müssten. Da in Neuseeland Kinder bereits mit fünf Jahren eingeschult werden können, erhalten sie staatliche Subvention. Diese Regelung bereitete den Waldorfschulen erhebliche Schwierigkeiten. Durch viele Gespräche mit den Behörden konnte eine Sondervereinbarung getroffen werden, durch die Waldorfkindergärten in Neuseeland für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren genehmigt und finanziert werden.

Bisher hat die Integration der Waldorfschulen in das staatliche Schulsystem große Vorteile gebracht. Es bleibt abzuwarten und wachsam darauf zu achten, dass dadurch der Lehrplan und die Organisationsform der Schule nicht negativ beeinflusst werden.

Mit dem Waldorfzeugnis an die Universität

Die breite Akzeptanz, die Waldorfpädagogik in Neuseeland genießt, kann z. B. daran abgelesen werden, dass Universitäten Schüler der Waldorfschule Hastings mit ihrem Abschlusszeugnis aufnehmen, wenn sie eine Jahresarbeit gemacht und von ihren Lehrern für ein Universitätsstudium empfohlen werden.

Eine der größten Schwierigkeiten der Waldorfschulen in Neuseeland ist der Mangel an Lehrern. Junge Waldorfschulen leiden darunter in besonderem Maße und neue Waldorfschulen können daher nicht gegründet werden; auch die Oberstufen sind davon betroffen. Die Frage, wie man den Schülern der Oberstufe gerecht werden kann, wird zurzeit heftig diskutiert.

Die Waldorfschulen in Neuseeland haben sich über die Jahre hin bemüht, mehr und mehr Elemente aus der Kultur der Maori in den Lehrplan und das soziale Leben der Schule zu integrieren.

Fernlehrgang wird entwickelt

Zwei Universitäten Neuseelands haben den Wunsch, mit dem Waldorflehrerkurs am Taruna College zusammenzuarbeiten. Mit einer dieser Universitäten wird derzeit ein Fernlehrgang Waldorfpädagogik entwickelt. Das Interesse an Waldorfpädagogik nimmt beständig zu, da immer mehr junge Eltern für ihre Kinder nach einer Alternative zum traditionellen Schulsystem suchen. Die Entwicklungschancen stehen also gut. Dennoch müssen gerade die Waldorfschulen in dieser schnell sich verändernden Zeit kreativ bleiben und sich den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler immer neu anpassen, um sie auf ihre Lebensaufgaben in einer immer globaler orientierten Welt vorzubereiten.

HANS VAN FLORENSTEIN MULDER

Hans van Florenstein Mulder
Waldorflehrer, Aufbau einer Farm und eines Studienseminars zur Biologisch-dynamischen Landwirtschaft.

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