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Volkstanz und Eurythmie

(aus: Waldorfpädagogik weltweit, S. 110-111, Copyright-Hinweise beachten!)

Die Republik Moldova liegt im äußersten Südwesten der ehemaligen Sowjetunion, an der Grenze zu Rumänien. "Moldova" ist die rumänische Namensform des alten Fürstentums Moldau, dessen östlicher Teil zeitweise Bessarabien bildete. Das heutige Moldawien hat eine bewegte Geschichte. Seit dem 15. Jahrhundert unterstand es türkischer Oberherrschaft, fiel 1812 an Russland, kam nach dem Ersten Weltkrieg zum Königreich Rumänien und nach 1940 unter die Herrschaft der Sowjetunion. 1991 erklärte Moldawien seine Unabhängigkeit und machte Rumänisch zur Staatssprache. Mit dem Ende der Sowjetunion entwickelte sich auch ein erstes Interesse an Waldorfpädagogik.

Zwei Reisen standen am Anfang der Entwicklung der Waldorfpädagogik in Moldawien. Die erste Reise führte eine Delegation moldawischer Lehrerinnen und Lehrer, darunter der Leiter für Lehrerbildung, im Jahr 1990 nach Schweden. Dort besuchten sie eine Waldorfschule in Stockholm und das Waldorflehrerseminar in Järna. Nach ihrer Rückkehr berichteten sie auf der Lehrerversammlung der Stadt Chisinau begeistert von der neu entdeckten Pädagogik. Die zweite Reise führte im Herbst 1990 nach Bukarest, wo Vladimir Corceac, Lektor der Universität, Alexandra Dascal, stellvertretende Direktorin einer Schule, und Veronika Scurov, pädagogische Leiterin eines Kindergartens, am Lehrerseminar Waldorfpädagogik studierten.

Im Sommer 1991 nahmen 20 Lehrerinnen und Lehrer aus Moldawien an der internationalen Tagung für Waldorfpädagogik in Rumänien (Sibiu) teil, vom Staat unterstützt.

Die erste Waldorfschule wurde im September 1992 gegründet. Pioniere wagten das Experiment in Chisinau, der Hauptstadt Moldawiens, den ersten Waldorfkindergarten und die erste Waldorfschule zu eröffnen. Anfänglich gab es zwei erste Klassen mit 58 Kindern und zwei Gruppen im Kindergarten mit 41 Kindern. Im Kindergarten und in der Schule arbeiteten 13 Lehrkräfte. 1993/94 wurden noch zwei weitere erste Klassen und zwei Gruppen im Kindergarten eröffnet und in den nächsten Schuljahren folgten jeweils eine oder zwei erste Klassen.

Waldorfklassen an Staatsschulen

Valentina Raileanu eröffnete im Jahr 1992 zwei Waldorfgruppen im staatlichen Kindergarten Nr. 196. Die beiden Gruppen arbeiteten dort fünf Jahre lang, bis sie in den großen Waldorfkindergarten integriert wurden.

Ilie Pisarenco gründete die dritte Waldorfinitiative 1994 im Dorf Obileni, 100 km von Chisinau. Die damalige 3. Klasse führte er als Klassenlehrer bis zum 9. Schuljahr. Dann mussten die Schüler die Schule verlassen, weil es an Lehrkräften für die Oberstufe mangelte.

Die vierte Waldorfinitiative in Moldawien begann in der Stadt Ungheni. Lydia Fortuna eröffnete 1995 in der dortigen Staatsschule eine 1. Klasse nach dem Waldorflehrplan. Nach drei Jahren endete diese Initiative, da die Lehrerin nach Chisinau an die Waldorfschule versetzt wurde, wo sie jetzt als Klassenlehrerin arbeitet.

Weitere Klassen und Gruppen mit Waldorfpädagogik wurden in den Städten Orhei, Balti und Tiraspol eröffnet, hatten aber keinen Erfolg.

Heute kämpft die Waldorfschule in Moldawien besonders mit materiellen Schwierigkeiten. Ein größeres Gebäude für die Schule wird benötigt. Eine weitere Schwierigkeit ist der Mangel an ausgebildeten Waldorflehrerinnen und -lehrern.

Volksmusik, Volkstanz und die rumänische Sprache

Im Lehrplan der moldawischen Waldorfschulen werden die kulturellen Eigenheiten des Landes berücksichtigt. Besonderer Wert wird auf die rumänische Sprache und Literatur gelegt, sowie auf die Geschichte und Erdkunde Moldawiens und Rumäniens. Wichtig ist auch die Instrumentalmusik. Die Kinder der Unterstufe spielen nicht nur Flöte, sondern auch die Volksinstrumente, wie Pfeife (Fluier), Caval und Ocarina. Die Schülerinnen und Schüler lernen Volkstänze, da es an der Schule bisher keinen Eurythmielehrer gibt. Obwohl Moldawien orthodox ist, gehören die Schuleltern verschiedenen Konfessionen an; Religion als Fach wird nicht unterrichtet.

Ein ganz besonderes Ereignis für die Entwicklung der Waldorfpädagogik war die Internationale Ausstellung zur Waldorfpädagogik, die von der IONA Stichting (Niederlande) im Herbst 1997 organisiert wurde. Diese Ausstellung leistete einen positiven Beitrag für die bildungspolitische Gesamtsituation der Waldorfschulen Moldawiens. Die Presse berichtete positiv über die Waldorfpädagogik. So blicken die Lehrerinnen und Lehrer vertrauensvoll in die Zukunft und hoffen, dass sich auch die materiellen Probleme der Schule lösen werden.

LIVIU DASCAL
LIDIA DIRECTOROVA

Liviu Dascal
Bibliothekar und Waldorflehrer. Seit 1992 Klassenlehrer und Direktor der Waldorfschule Chisinau.

Lidia Directorova
Seit 1993 Deutschlehrerin an der Waldorfschule Chisinau.

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