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Bibelstudium und Arabischunterricht

(aus: Waldorfpädagogik weltweit, S. 124-125, Copyright-Hinweise beachten!)

Die Waldorfpädagogik hat in Israel in den 80er-Jahren Fuß gefasst, als nahezu gleichzeitig die ersten beiden Waldorfkindergärten 1985 in Harduf, einem anthroposophischen Kibbuz in Galiläa, und 1986 in Jerusalem gegründet wurden. Junge Israelis hatten sich in Europa zu WaldorflehrerInnen ausgebildet und gaben im Herbst 1989 in Harduf mit zunächst 13 SchülerInnen den ersten Waldorfunterricht. Anfang der 90er-Jahre entstanden dann zwei weitere Waldorfschulen in Jerusalem und Tivon, einer kleinen Stadt im Norden des Landes.

Hatten sich die ersten WaldorflehrerInnen noch in der Schweiz, in England und in Deutschland ausgebildet, so wurde schon bald klar, dass, wollte man weitere Waldorflehrer gewinnen, ein Lehrerseminar in Israel gegründet werden mußte. 1994 eröffnete ein Lehrerseminar in Jerusalem und 1995 in Harduf. Die erfahrenen LehrerInnen übernahmen einen großen Teil der Ausbildung und luden für die methodischen Fächer Gastdozenten aus Europa und den USA hinzu.

Integration ins öffentliche Schulsystem

Den Gründungslehrern in Israel war eines von Anfang an klar: Sollte die Waldorfpädagogik in Israel wirklich Fuß fassen, so mussten die Lehrer mit dem Staat und dem staatlichen Schulsystem zusammenarbeiten. Sie setzten sich deshalb für die völlige Integration der Waldorfschulen in das öffentliche Schulsystem ein. Inzwischen sind die drei Schulen und die meisten Kindergärten als Waldorf-Staatsschulen anerkannt und genießen bei voller Finanzierung (Lehrergehälter, Bauprojekte usw.) durch das Erziehungsministerium völlige Freiheit in Lehrplan und Methodik. Die Waldorfschulen in Israel werden als eine Art "Versuchsschule" geführt, sind hoch geschätzt und gelten als Modellschule für eine künstlerische und qualitativ hochwertige Erziehung.

Bibellehrplan für alle Klassen

Eine große Aufgabe der Waldorfschulen in Israel liegt darin, den Waldorflehrplan mit den spezifisch israelischen Gegebenheiten in Bezug auf die Kultur, das Judentum als Religion, die Landschaft und die Völkermischung in Übereinstimmung zu bringen. Auf dieses Ziel richten sich viele Bemühungen in den verschiedenen Schulen und Kindergärten sowie in Zusammenkünften der Waldorflehrer des ganzen Landes. Ein Beispiel: In Israel wird das Alte Testament durch alle Klassen hindurch als Hauptfach unterrichtet, d. h. zwei bis drei dreiwöchige Epochen im Jahr. Also musste ein Bibellehrplan für alle Klassen erstellt werden, der einerseits den Entwicklungsgesetzmäßigkeiten der Kinder und Jugendlichen entspricht und sich andererseits an den Lehrplan des Staates anpasst.

Arabischunterricht und interkulturelles Lernen

Arabisch, die Sprache der Nachbarn, lernen die Schülerinnen und Schüler der israelischen Waldorfschulen schon von der 1. Klasse an. Im Schuljahr 1989/90 trafen sich die Drittklässler der Waldorfschule Jerusalem mit ihren palästinensischen Altersgenossen aus El Khader bei Bethlehem einmal pro Woche, um zusammen ein Stück Land umzugraben und zu bebauen. Anfängliche Berührungsängste und kulturelle Differenzen konnten durch gemeinsames Pflügen und Ernten überwunden werden, bis die Treffen durch die kämpferischen Auseinandersetzungen in diesem Gebiet ein plötzliches Ende fanden. Zur Zeit gibt es große Möglichkeiten für die Waldorfpädagogik in Israel. Sie ist bekannt, hoch geschätzt und wird als Pädagogik gewertet, die viele Anregungen für die Erziehung bietet. An mehreren Orten im Land sollen Schulen oder Kindergärten gegründet werden, und es taucht schon jetzt die Frage auf, ob genügend gute Lehrerinnen und Lehrer zu finden sind, damit der Waldorfimpuls mit einem möglichst großen Einfluss in das israelische Erziehungssystem integriert werden kann.

GILAD GOLDSHMIDT

Zur Heilpädagogik in Israel

Im Jahre 1969 entstand in der Stadt Beer Sheva, jenseits des Wüstenrandes, das Kinderheim "Beth Elijahu", Haus Elijas. Die Leitung übernahm eine erfahrene schweizer Heilpädagogin, die zuvor in England in einem jüdischen anthroposophischen Heim gearbeitet hatte. Im gleichen Jahr eröffnete im südlichen Galiläa eine Dame ein weiteres Heim für behinderte Kinder im Namen ihres verstorbenen Sohnes – "Beth Uri". Diese Einrichtung besteht noch heute, während "Beth Elijahu" in den 90er-Jahren schließen mußte. 1979 wurde auf einem 10 ha großen Wüstenstreifen bei Beer Sheva der Grundstein für die Einrichtung "Kfar Rafael" gelegt. "Kfar Rafael" besteht seit 1981 als sozialtherapeutische Dorfgemeinschaft. In den 80er-Jahren wurde außerdem in dem anthroposophischen Kibbuz Harduf eine heilpädagogische Einrichtung gegründet, in der sozialgeschädigte Kinder in Familiengruppen betreut werden.

Fachkreise schätzen die anthroposophische Heilpädagogik

Alle heilpädagogischen Einrichtungen in Israel sind als gemeinnützige Vereine registriert. Das israelische Wohlfahrtsministerium deckt die meisten Kosten des täglichen Lebens, doch alle Investitionen müssen zu 100 Prozent aus privaten Quellen, sprich Spenden, bestritten werden. Die heilpädagogischen Einrichtungen auf anthroposophischer Grundlage haben sich nach einigen Anfangsschwierigkeiten inzwischen ein hohes Ansehen in den israelischen Fachkreisen erworben. Heute kann kein Heilpädagoge in Israel mehr ausgebildet werden, ohne von der anthroposophischen Heilpädagogik gehört zu haben.

Fachlicher Austausch wird zu Freundschaft zwischen Israelis und Palästinensern

Israel ist ein Land, in dem sich seit der Staatsgründung 1948, Einwanderer aus allen Ländern der Welt niedergelassen haben. In der Einrichtung "Kfar Rafael" z. B. leben Menschen, die zum größten Teil in Israel geboren sind. Zählt man aber die Länder auf, aus denen ihre Vorfahren auswandern mussten, so kommt man auf 30 Länder. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Politik wurde eine neue Initiative ins Leben gerufen: Es ist das Bemühen um eine Zusammenarbeit bei der Betreuung von Menschen mit Behinderungen zwischen palästinensischen und israelischen Heilpädagogen. Dabei entstehen natürlich auch Beziehungen, die über die eigentlichen Fachkontakte hinausgehen und hoffentlich eine Basis für ein friedliches Zusammenleben in der Zukunft schaffen.

UDI LEVY

Udi Levy
1981 Gründung der sozialtherapeutischen Dorfgemeinschaft "Kfar Rafael".

Gilad Goldshmidt
Gründung der Waldorfschule in Harduf, Unterricht in der Oberstufe und am Waldorflehrerseminar.

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Häufiggestellte Fragen über den Freiwilligendienst