Die Entwicklung der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners
(aus: Waldorfpädagogik weltweit, S. 12-17, Copyright-Hinweise beachten!)
In Wahrheit ist aber die Schulbewegung ein Größeres und ein Ganzes ...
In den Erziehungs- und Bildungsfragen ist man unmittelbar zur Mitarbeit an unserer sozialen Zukunft aufgerufen ...
Es gilt eine Schule der Zukunft zu schaffen, die ganz auf das Menschliche, ganz auf die Freiheit, ganz auf die eigentlichen Forderungen des sozialen Organismus gestellt ist.
ERNST WEISSERT
Gründung durch Ernst Weissert
Das 50-jährige Bestehen der Waldorfpädagogik wurde 1969 gefeiert. Die Waldorfschulbewegung dieser Zeit war durch das Buch der beiden Schweden Arne Klingborg und Frans Carlgren "Erziehung zur Freiheit"1 sowie durch Christoph Lindenbergs "Angstfrei Lernen, selbstbewusst Handeln"2 geprägt. Daraus sprachen Aufbruchstimmung, Neubesinnung auf die gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben dieser Pädagogik. Im Kontext der sich ausbreitenden und internationaleren Waldorfschulbewegung wurde am 10. Oktober 1971 der Verein "Freunde der Waldorfpädagogik e.V." durchaus in dem Wissen begründet, dass die Waldorfschulbewegung einen größeren Freundeskreis braucht, eine ihr zugehörige Lebensgemeinschaft und ihren gesellschaftlichen Rückhalt.
Diese Erkenntnis wurde in einem ersten Aufruf zur Mitgliedschaft folgendermaßen erläutert: "In den 20er-Jahren besaß die Waldorfschule einen großen Trägerkreis über ganz Deutschland hin. Es waren viele Ortsgruppen des Vereins für ein freies Schulwesen (Waldorfschulverein) entstanden, noch bevor neben der Stuttgarter Schule an weitere Schulgründungen gedacht wurde. Die ‚alten‘ Waldorflehrer waren gern unterwegs bis nach Elbing und Danzig, um von der Erziehungskunst Rudolf Steiners und von den Gedanken des freien Schulwesens, ja eines freien Geisteslebens überhaupt, zu erzählen. Wir erinnern uns gern an die treuen Helfer in den einzelnen Städten, wo bei allen Vortragsveranstaltungen die Mitgliedsbeiträge für den Verein für ein freies Schulwesen eingesammelt und nach Stuttgart geschickt wurden."
Nach 1945 bildeten sich um die wieder entstehenden und um die neuen Rudolf-Steiner-Schulen überall Schulgemeinden, aber sie hatten infolge der Zonengrenze mehr örtlichen Charakter, man achtete darauf, sich nicht gegenseitig ins Gehege zu kommen. "In Wahrheit ist aber die Schulbewegung ein Größeres und ein Ganzes ... Die neuen Aufgaben der Schulbewegung können nicht mehr allein von den örtlichen Waldorfschulvereinen und Lehrerkollegien bewältigt werden ... Die Frage der Mitverantwortung und Teilhabe beschäftigt immer mehr Menschen unserer Zeit. Da erscheint uns die Waldorfschulbewegung als ein einzigartiges Feld der Zusammenarbeit. In den Erziehungs- und Bildungsfragen ist man unmittelbar zur Mitarbeit an unserer sozialen Zukunft aufgerufen ... Es gilt eine Schule der Zukunft zu schaffen, die ganz auf das Menschliche, ganz auf die Freiheit, ganz auf die eigentlichen Forderungen des sozialen Organismus gestellt ist. Um eine Bewegung für ein freies Bildungswesen, für ein autonomes Geistesleben, für die Zukunftsschule handelt es sich in der neuen Vereinigung."
Ernst Weissert wollte einen Kreis von Menschen zusammenrufen, der die national wie international wachsende Schulbewegung nicht zuletzt auch wirtschaftlich unterstützen würde. Nach Weissert – Mitglied Nr. 1 – war Dr. Manfred Leist der hauptsächlichste Helfer als Mitglied Nr. 2. Die überwiegend organisatorische Aufgabenstellung fügte sich harmonisch in seinen damaligen Tätigkeitsbereich ein. Seine Funktion im Bund der Freien Waldorfschulen war neben dem eigentlichen Geschäftsführer Herbert Greif eine juristische Geschäftsführung des Bundes neben Weissert und eine Mitredakteurstätigkeit bei der Zeitschrift "Erziehungskunst" als Partner von Helmut von Kügelgen. Als weitere Helfer traten hinzu Günter Ziegenbein (Vorstandsmitglied der Freien Waldorfschule am Kräherwald) und Armin Scholter, der Geschäftsführer dieser Schule. Damit war ein handlungsfähiges Vorstandsgremium des neuen Vereins gegeben. Eine ganze Reihe ehemaliger Schülerinnen und Schüler der Waldorfschule Stuttgart-Uhlandshöhe wurden Mitglieder und sind es zum Teil bis heute geblieben. Ernst Weissert und Manfred Leist hatten aber jeweils eigene anspruchsvolle Aufgaben beim Aufbau der deutschen Schulbewegung und bei der Führung des Bundes der Freien Waldorfschulen, sodass für diesen Keim nicht sehr viel Zeit blieb.
Als 1976 eine Gruppe junger Leute, die gerade ihre Schulzeit in verschiedenen Waldorfschulen in Deutschland, Holland und England abgeschlossen hatten, auf Ernst Weissert mit der Idee zukamen, einen Weltschulverein zu begründen, griff er diese Intention auf und bot ihnen den Verein "Freunde der Waldorfpädagogik" als Rechtsinstrument an. Aus heutiger Sicht ist es erstaunlich und bewundernswert, dass Ernst Weissert die Vereinsgeschäfte scheinbar so leicht an eine Gruppe 21-jähriger übergeben hat. Damals schien es selbstverständlich und wurde sofort ergriffen. Aus der Initiative von Andreas Büttner, Christa Büttner, Nana Göbel, Jean-Claude Lin, Andreas Maurer und Paul Vink wurde dann der "Internationale Hilfsfonds" innerhalb des in "Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners" umbenannten Vereins eingerichtet. So entstand unter der leitenden Hand von Ernst Weissert eine langjährige, höchst fruchtbare Zusammenarbeit der genannten ehemaligen Schüler mit Manfred Leist und Herbert Greif. Das neue gemeinsame Arbeitsfeld weitete sich Schritt für Schritt erheblich aus, die Schüler traten mehr und mehr in eine volle Selbstständigkeit ein. Ernst Weissert blieb bis zu seinem Tode im Januar 1981 der von allen Beteiligten geschätzte und geehrte Senior der Arbeit, Manfred Leist und Herbert Greif begleiteten die jungen Kollegen noch eine ganze Anzahl von Jahren in gewohnter Weise weiter.
Nacheinander haben mehrere Menschen dieser Generation die Geschäftsführung übernommen: Andreas Büttner, Justus Wittich, Christian Schulz, Winfried Tauer, Bernd Ruf und Nana Göbel. Was war die Idee? In der Zukunft ein Schulwesen zu schaffen, in dem die an dem Bildungsprozess Beteiligten selbst ohne staatliche Eingriffe Erziehung und Unterricht gestalten können und diese Möglichkeit nicht auf das westliche Europa zu beschränken. Darüber hinaus ging es darum, Waldorfpädagogik auch in denjenigen Ländern zu unterstützen, in denen es keine staatliche Finanzierung für solche Schulen gibt und den Schulbesuch auch für Kinder zu ermöglichen, deren Eltern nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen.
"Internationaler Hilfsfonds"
Mit dem "Internationalen Hilfsfonds" wurde 1976 ein Spendenfonds geschaffen, aus dem seither Kindergärten und Schulen sowie heilpädagogische Institute und Ausbildungsstätten wirtschaftlich gefördert werden. Der Umfang der Hilfestellung ist durch die aktive Beteiligung sehr vieler Menschen und Einrichtungen immer weiter gewachsen. Insgesamt sind bis zum Jahr 2000 auf diese Weise 67 Mio. DM für Waldorfschulen und -kindergärten sowie für heilpädagogische Einrichtungen außerhalb von Deutschland aufgebracht worden (siehe Grafik 1). Die Zuwendungen lassen sich in geographische Regionen gegliedert darstellen, wobei sich die Schwerpunkte der Förderung im Laufe der Jahre entsprechend der veränderten historischen Möglichkeiten verschoben haben (siehe Grafik 2). Insgesamt sind die Förderbeträge den verschiedenen Regionen in folgender prozentualer Verteilung zugeflossen (siehe Grafik 3).
Erst Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre begann die eigentliche Ausbreitung der Waldorfschulbewegung, was aus den Länderdarstellungen in diesem Buch deutlich abzulesen ist. Korrespondierend mit dieser Ausbreitung, z. B. in Südamerika, sind auch die Aufgaben der Freunde der Erziehungskunst enorm gewachsen. Nach 1989 entstand dann eine völlig neue Schulbewegung in Mittel- und Osteuropa, die uns bis heute vor große Herausforderungen stellt. Mit unglaublicher Geschwindigkeit wurde die Idee einer freien Schule ergriffen und Kindergärten und Schulen begründet. Mitte der 90er-Jahre entstanden in einer letzten Wachstumsetappe des 20. Jahrhunderts die ersten Pionierschulen in Asien.
Die Freunde der Erziehungskunst waren in all den Jahren ihres Bestehens immer darauf bedacht, dass nicht nur Schulen und Kindergärten, sondern auch heilpädagogische Institute, Initiativen der Sozialarbeit und die entsprechenden Ausbildungen unterstützt worden sind, was in zunehmendem Maße erreicht worden ist (siehe Grafik 4 und 5).
In der Logik dieser Entwicklung liegt es, dass die geographische Ausbreitung der Unterstützung sich von Jahr zu Jahr ausgeweitet hat, über Westeuropa und die USA nach Südamerika und das südliche Afrika und schließlich nach Osteuropa und Asien. Im Zuge dieser Ausweitung haben sich auch die Einsatzfelder verschoben. Ging es zunächst darum, Stipendien ausländischer Studenten in Deutschland zu fördern sowie Reisen europäischer Dozenten ins Ausland, sind nach und nach Fragen nach Finanzierungen von Grundstücken und Gebäuden auf die Freunde der Erziehungskunst zugekommen, die mittlerweile einen sehr großen Raum einnehmen und nur in Kooperation mit anderen Partnern gelöst werden können. Diese Doppelgeste prägt bis heute die Arbeit: einerseits geht es darum, die Fähigkeitenbildung einzelner Menschen zu unterstützen, andererseits darum, die physische Existenz von Schulen und heilpädagogischen Einrichtungen zu sichern.
Internationale Zusammenarbeit
Mit der wachsenden Schulbewegung und den damit einher gehenden größeren Aufgabenstellungen der Freunde der Erziehungskunst ist auch die Notwendigkeit gewachsen, die Zusammenarbeit mit ähnlichen Einrichtungen, mit Stiftungen, mit nationalen Verbänden und internationalen Zusammenschlüssen zu suchen. Aus dem Gründungskreis der Freunde der Erziehungskunst ist in Holland bereits 1978 der "Internationaal Hulpfonds" entstanden, wesentlich später ähnliche Bestrebungen in der Schweiz durch den Verein "Acacia" und in Dänemark durch "Sanduko a Ndege". Mit diesen und anderen Partnern finden regelmäßige Zusammenkünfte statt, um Informationen auszutauschen, die Förderung abzustimmen, Planungen vorzunehmen und Perspektiven der internationalen Zusammenarbeit zu erörtern. So wie "Sanduko a Ndege" vornehmlich auf Afrika konzentriert ist, ist die "Internationale Assoziation Osteuropa" (IAO), wie der Name schon sagt, auf die pädagogische Beratung und Ausbildung in den Ländern Ostmittel- und Osteuropas ausgerichtet. Die Zusammenarbeit von wirtschaftlichen Förderern und pädagogischen Beratern hat sich als außerordentlich hilfreich erwiesen, weshalb es auch eine enge Abstimmung mit der Pädagogischen Sektion am Goetheanum als weltweite Zusammenarbeit der Waldorflehrer und der "Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie" am Goetheanum gibt, der weltweiten Vertretung der anthroposophischen Heilpädagogik. Eine ebenfalls enge Zusammenarbeit besteht zu der "Internationalen Vereinigung der Waldorfkindergärten" und zum "Bund der freien Waldorfschulen in Deutschland".
Der Umgang mit Fördermitteln birgt ja immer die Gefahr in sich, dass sich egoistische Motive in den Geldumgang mischen. Strukturell ist die möglichst enge Kooperation mit möglichst vielen Partnern das wichtigste Hilfsmittel für eine transparente und objektivierte Geldvergabe sowie eine enge Abstimmung mit den nationalen Partnern. Die Freunde der Erziehungskunst haben immer versucht, die nationalen Verbände in die Förderung einer Schule einzubeziehen und damit gleichzeitig zu einem Gesamtbewusstsein der wirtschaftlichen Lage einzelner Einrichtungen in einem Land beizutragen. Partnerschaft bei der Lösung wirtschaftlicher Fragen scheint uns das angemessene Vorgehen, nicht etwa Konkurrenz. Die Konkurrenz allerdings ist bei der Verwirklichung des eigenen Schulprofils und bei der pädagogischen Qualifizierung am Platze.
Öffentliche Finanzierung für Waldorfschulen im Ausland
Mit dem zunehmenden Wachstum der Waldorfschul- wie auch der heilpädagogischen Bewegung wuchsen die Finanzierungsaufgaben und konnten nicht mehr allein mit den Mitteln bewältigt werden, die aus den bisherigen Quellen, von einzelnen Spendern und durch Stiftungsmittel, zur Verfügung standen. Neue Wege mussten gesucht werden. Die Möglichkeit, Bauvorhaben mit einer wesentlichen Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchzuführen, wurde seit 1987 ergriffen. Bisher sind insgesamt 16 Projekte in Südafrika (3), Rumänien (4), Georgien (1), Russland (1), Kirgisien (1), Brasilien (2), Chile (1), Ghana (1), Indien (1) und Vietnam (1) durch das BMZ mitfinanziert worden. Da das BMZ etwa 75 % der Kosten z. B. für die Errichtung von Grundschulgebäuden zur Verfügung stellt, können Spendenmittel auf diese Weise vervierfacht und damit viel effizienter eingesetzt werden. Für diese Möglichkeit, die natürlich immer auch eine Herausforderung an die eigenen verwaltungstechnischen Möglichkeiten darstellt, sind wir außerordentlich dankbar.
Ausstellung "Waldorfpädagogik" 1994
Ein Meilenstein in der Entwicklung der Arbeit der Freunde der Erziehungskunst war die Einladung der UNESCO, auf der Internationalen Konferenz für Erziehung 1994 in Genf, der damals alle zwei Jahre stattfindenden Konferenz der Erziehungsminister aller UNESCO-Mitgliedsstaaten, die Waldorfpädagogik einem internationalen Publikum vorzustellen. Anschließend ging diese Ausstellung unter Schirmherrschaft des damaligen Generaldirektors der UNESCO, Federico Mayor, auf Reise durch verschiedene asiatische Länder und trug sicher mit dazu bei, dass diese Pädagogik in Korea, in Thailand und den Philippinen wie auch in Indien eine gewisse Bekanntheit erlangte. Die Ausstellung ist bis heute in verschiedenen Städten Deutschlands, der Schweiz, in Dänemark, Schweden, Finnland, in England, Frankreich, Spanien und Portugal gezeigt worden. Mit der Ausstellung wurde der Katalog "Waldorfpädagogik" herausgegeben, der heute in fünfzehn Sprachen vorliegt und als geeignete Informationsschrift zur Einführung in die Waldorfpädagogik weltweit in Gebrauch ist. 1997 folgte der Film "Augenblicke in die Zukunft", ein erster Versuch, die pädagogische Realität am Beispiel ausgewählter Schulen in Israel, Brasilien, Russland, Südafrika und Deutschland erlebbar zu machen.
Waldorfpädagogik als Partner internationaler Bildungspolitik
Anfang Juni 1994 fanden in Sinaia, Rumänien, Beratungen der Bildungsminister Mittel- und Osteuropas über den Stand der Bildungsreform in den ehemaligen Ostblockstaaten statt, zu denen die Freunde der Erziehungskunst als einzige Nichtregierungsorganisation eingeladen waren. Wertvolle Kontakte wurden geknüpft. Die durch die Ausstellung 1994 begonnene Zusammenarbeit mit der UNESCO wurde in mehreren Gesprächen 1996 und 1997 fortgesetzt, unter anderem mit dem Ziel, die Bedeutung nicht-staatlicher pädagogischer Alternativen in das Bewusstsein nicht zuletzt von Bildungspolitikern zu rücken. Die Zuarbeit für den Bericht der Delors-Kommission der UNESCO "Erziehung für das 21. Jahrhundert" sowie Beiträge zu "Portraits in Courage" oder etwa der Darstellung "Tolerance: The Threshold of Peace" der UNESCO haben dazu beigetragen. Die Zusammenarbeit der UNESCO mit einzelnen Waldorfschulen ist in diesem Zeitraum ebenfalls gewachsen, sodass heute 18 Waldorfschulen aus verschiedenen Kontinenten aktive Mitglieder im Projektschulnetz der UNESCO sind. Im Mai 2001 wurden die Freunde der Erziehungskunst während der 161. Sitzung des Executive Board der UNESCO als Stiftung mit offiziellen Beziehungen zur UNESCO (Foundation in Official Relations with UNESCO) aufgenommen. Wir sind froh, dass die Freunde der Erziehungskunst als erste der Waldorfpädagogik verbundene Einrichtung durch die Aufnahme offizieller Beziehungen eine gewisse Anerkennung durch die UNESCO erfahren haben.
Im November 1996 veranstalteten die Freunde der Erziehungskunst gemeinsam mit der Rajiv Gandhi Foundation und der Stichting INI, Amsterdam ein Symposium in Neu-Delhi, zu dem Vertreter verschiedener pädagogischer Alternativen Indiens und der Waldorfpädagogik zu einem ersten Gespräch zusammenkamen. Aufregende Parallelen zur Waldorfpädagogik konnten in den Ansätzen von Mahatma Gandhi oder Sri Aurobindo entdeckt werden. Eine Folgeveranstaltung zur Waldorfpädagogik konnte im November 1998 gemeinsam mit dem Goethe-Institut in Delhi durchgeführt werden, bei welcher der Dialog vertieft werden konnte.
Im Mai 2000 haben die Freunde der Erziehungskunst gemeinsam mit dem Deutsch-Bulgarischen Forum und dem Goethe-Institut ein Symposium zur Waldorfpädagogik in Sofia (Bulgarien) durchgeführt, die erste öffentliche Veranstaltung zur Waldorfpädagogik in diesem Land. Während in den anderen Ländern dieser Region Waldorfschulen seit 1990 praktizieren, finden sich in Bulgarien erst zarte Anfänge, die durch diese Veranstaltung gefördert werden konnten.
Internationale Freiwilligendienste
Ein weiteres Arbeitsgebiet der Freunde der Erziehungskunst entstand 1993 auf Anregung eines ehemaligen Waldorfschülers: der "Andere Dienst im Ausland" als Ersatz für den Zivildienst. Seit Anerkennung der Freunde der Erziehungskunst durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Soziales und Jugend als privater Träger für diesen Auslandsdienst haben 1.200 junge Männer diesen Dienst abgeleistet. Inzwischen wurden über 150 Dienststellen in 41 Ländern auf die Freunde der Erziehungskunst zugelassen. Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Heilpädagogik.
Als Angebot überwiegend für Frauen kam 1996 der "Europäische Freiwilligendienst" hinzu. An diesem von der EU angeregten Programm leisten mittlerweile jedes Jahr 40 junge Menschen ein freiwilliges Jahr im europäischen Ausland ab. Der Schwerpunkt liegt hier mehr auf der Arbeit in Kindergärten. Im Rahmen dieses Programmes vermitteln die Freunde der Erziehungskunst seit 2001 auch junge Menschen aus dem Ausland in anthroposophische Einrichtungen in Deutschland.
Patenschaften
Ende der 90er-Jahre kamen vermehrt Bitten auf die Freunde der Erziehungskunst zu, einzelnen Kindern in Ländern wie Lettland, Uruguay und Südafrika den Schulbesuch zu ermöglichen. Seit ihrer Begründung will die Waldorfschule eine für alle gesellschaftlichen Schichten offene Schule sein, deren Besuch nicht von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern abhängig ist. In vielen Schulen gibt es daher Sozialfonds oder nach dem Elterneinkommen gestaffelte Schulbeiträge. In Entwicklungsländern ist das allerdings schwierig, weil die gesamtwirtschaftliche Lage keine angemessenen Einkommen ermöglicht. In dieser Situation wurde die Idee des Bildungsgutscheins (Voucher) aufgegriffen. Heute stellen viele einzelne Menschen, aber auch Schülergruppen Bildungsgutscheine für benachteiligte Kinder in aller Welt zur Verfügung und ermöglichen dadurch die für jedes gesunde Aufwachsen so wichtige Teilnahme am Bildungsprozess.
Gründung des "The Art of Education Fund" in den USA
Seit dem Jahr 2000 haben die Freunde der Erziehungskunst mit einem Filialbetrieb in den USA begonnen. Mit der Gründung des "The Art of Education Fund" in San Francisco wird unter der Geschäftsführung von Jon McAlice in den USA eine vergleichbare Arbeit aufgebaut, die wiederum auf die Förderung von Menschen und Einrichtungen außerhalb des Landes ausgerichtet ist, in dem die entsprechenden Gelder aufgebracht werden. In diesem Zusammenhang soll auch eine englische Ausgabe des regelmäßig erscheinenden Rundbriefes der Freunde der Erziehungskunst herausgegeben werden.
Freunde der Erziehungskunst als Organisation
Ein in den 30 Jahren ihrer Existenz durchgehaltenes Prinzip der Freunde der Erziehungskunst ist die strikte Trennung der für den eigenen Betrieb notwendigen Finanzen und der Spenden, die für die weltweite pädagogische Bewegung eingehen. Bis heute werden Spenden ohne Abzug und zu 100 % weitergeleitet. Eine solche Organisation wie die Freunde der Erziehungskunst kann gar nicht am Leben gehalten werden, wenn es nicht viele Menschen und Einrichtungen gibt, denen ihre Existenz ein Anliegen ist. Von großer Bedeutung für die Freunde der Erziehungskunst ist die Jahre lang durchgehaltene Treue der Mitglieder sowie von Einrichtungen wie der "IONA Stichting" in Amsterdam, der "Gemeinnützigen Treuhandstelle" in Bochum und seit 1999 auch der "Software AG Stiftung" in Darmstadt sowie weiterer Stiftungen, die sich immer für das Leben und Überleben der Freunde der Erziehungskunst eingesetzt haben. Diesen Menschen und Einrichtungen fühlen wir uns in Dankbarkeit freundschaftlich verbunden.
NANA GÖBEL
1 Frans Carlgren, Arne Klingborg: Erziehung zur Freiheit. Die Pädagogik Rudolf Steiners. Stuttgart 1996, 8. Aufl.
2 Christoph Lindenberg: Angstfrei lernen, selbstbewusst handeln. Reinbek 1975 u. ö.
Nana Göbel
geb. 1955 in Pforzheim. Studium der Klassischen Archäologie und Ägyptologie. Mitarbeiterin der Jugendsektion am Goetheanum in Dornach, Schweiz. 1987 bis 1996 bei der GLS Gemeinschaftsbank und bei der Gemeinnützigen Treuhandstelle in Bochum. Seit 1978 Vorstandsmitglied der Freunde der Erziehungskunst, seit 1996 als geschäftsführender Vorstand.