Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn Sie dieses Heft zur Hand nehmen, begeben Sie sich mit uns auf den letzten Teil einer großen Reise, die vor eineinhalb Jahren begann. Seit Herbst 2005 widmeten wir unsere Rundbriefe jeweils bestimmten Weltregionen. Auf diese Weise entdeckten Sie etwas von der Waldorfbewegung in Asien, dann in Süd- und Südosteuropa, im Herbst in Afrika. Nun führt uns die Reise nach Mittel- und Südamerika... Wir freuen uns schon jetzt, daß sie keineswegs zuende ist und wir Ihnen auch im Herbst wieder eine Weltregion nahebringen dürfen!
Ein weiterer, kleinerer Schwerpunkt sind diesmal unsere Freiwilligendienste, die ja längst ein ganz großer Arbeitsbereich sind. „Still und heimlich“ entsenden wir inzwischen jährlich 500 junge Menschen ins Ausland, und die Entwicklungen in diesem Bereich wollten wir Ihnen einmal ausführlich vorstellen.
Ich freue mich, wie viele unterschiedliche Berichte zusammenkamen, die ein lebendiges Bild der vielfältigen Arbeit in Lateinamerika malen. Der Sinn unserer Schwerpunkthefte ist es ja, sowohl die Vielfalt zu zeigen, als auch einen ersten Gesamteindruck zu ermöglichen – statt von Berichten aus aller Welt erschlagen zu werden, die dann doch viel unverbindlicher bleiben...
Beim Lesen dieses Rundbriefs werden Sie feststellen, daß auch in Lateinamerika die Armut ungeheuer verbreitet ist – und daß dort sehr viele Menschen ebensowenig zum Leben haben wie viele in Afrika... Daneben fällt auf, wie es gerade in Brasilien auch bewundernswert viel Sozialarbeit gibt. Die Berichte können auch dies nur andeuten. Jedenfalls – wohin man schaut, wird wichtige Arbeit geleistet ... und ist Hilfe nötig!
Gerade in der Sozialarbeit – Arbeit mit Kindern aus ärmsten Verhältnissen – ist der Bedarf an Hilfe weltweit (und allein schon in Südamerika) eigentlich ein Faß ohne Boden. Das gleiche gilt natürlich überall dort, wo zum Beispiel Waldorfschulen arme und ärmste Kinder aufnehmen: Die Menschen, die die pädagogische Arbeit leisten, sind ja eben gerade nicht Millionäre, die diese Arbeit auch finanzieren könnten. Sondern Tag für Tag, Jahr für Jahr brauchen sie und die von ihnen betreuten Kinder viele, viele andere Menschen, die genau ihre Arbeit unterstützen – damit sie auch morgen noch getan werden kann...
Und so entspricht dem Bild vom Faß ohne Boden ein anderes: das vom Quell der unerschöpflichen Liebe. Denn wie heißt es so schön – Geld ist da zum Ausgeben. Wer etwas erübrigen kann, hilft dem, der nichts hat, aber ganz konkret den Kindern helfen will und kann. Wie viel besser könnte die Welt sein, wenn gerade unter jenen, die gleichsam Berge von Geld haben, nicht nur einzelne diese Wahrheit entdecken und diesen Quell erleben würden!
Wir wünschen Ihnen auch auf diesem Teil der Reise wieder viel Freude.
Holger Niederhausen