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Ein Tag im CREAR

Das Projekt CREAR - Centro recreativo educational artistico renascer - betreut 240 Kinder und Jugendliche im ärmsten Stadtteil von Capao Bonito (Bundesland Sao Paulo) auf Grundlage der Waldorfpädagogik. Die Warteliste ist sehr lang... Ein über uns entsandter Freiwilliger berichtet.

Gegen 7.30 Uhr mache ich mich auf den Weg zum CREAR. Da das Projekt am äußersten Fuße des Viertels Vila Aparecida liegt, laufe ich ein gutes Stück an den eigentümlichen Häusern der Vila vorbei. Weiter oben sind sie noch bunt und aus richtigem Stein gebaut, es gibt (oft improvisierte) Geschäfte, Bars und eine Bushaltestelle. Je weiter ich den Berg hinabsteige, desto mehr verändert sich die Kulisse: Die Häuser werden immer kleiner, scheinen dafür jedoch immer mehr Menschen zu beherbergen. Einige Häuser sind nun aus Holz gebaut, hier und da sehe ich ein Wellblechdach und kleine Gärten mit Salat, die Straße ist nicht mehr geteert.

Ich nähere mich dem so trügerisch idyllisch wirkenden „esgoto“ (Abwasseranlage), der seinen Zauber schnell verliert, sobald ein Windchen weht. Dabei höre ich die ersten, noch verschlafenen und erst halb angezogenen Kinder meinen Namen rufen.

Im CREAR angekommen bereite ich nach einer allgemeinen Begrüßungsrunde und einem kurzen Tratsch mit der Putzfrau den Raum vor, in dem ich arbeite. Dann frühstücke ich ein wenig und trinke einen starken Kaffe, der mich wach macht, um dem Eintreffen der Kinder gewappnet zu sein.

Fröhliches Kinderspiel...

Es ist 8.30 Uhr – endlich wird das Tor geöffnet. Die schon längst ungeduldig wartenden Kinder strömen herein und werden nach und nach begrüßt. Jeden Tag wieder habe ich den Eindruck, sie eine Ewigkeit nicht gesehen zu haben, und so dauert es ein wenig, bis wir uns zum Morgenkreis zusammenfinden.

Als erstes frühstücken wir nun in verschiedenen Gruppen. Ich helfe Ieda, die Erstklässler zu betreuen. Schon der gemeinsame Abwasch ist die erste Herausforderung: Die Kinder können es kaum erwarten, draußen auf dem Hof zu spielen.

Während des allgemeinen Tobens werde ich selber wieder zum Kind und spiele, was das Zeug hält. Danach basteln, nähen oder malen wir, manchmal sind Bohnen für die Küche zu sortieren oder anderes. Bei allem helfe ich den Kindern, erkläre, berate ... und werde böse oder streng, wenn ein Kind mal wieder weniger basteln, als dem Nachbarn den Kleber in die Haare schmieren möchte.

Nach der Arbeit zünde ich eine Kerze an und Ieda liest eine Geschichte vor. Ich nutze diese andächtige Zeit, um einmal richtig durchzuatmen.

Dann ist schon Mittagszeit. Ich gehe in die Küche und versorge alle Räume mit Reis, Bohnen und Hackfleisch, einem Salat und, wenn unser Orangenbaum wieder Früchte trug, einem Nachtisch. Nach dem Essen, Saubermachen und Abwaschen ist bereits Zeit für den Abschied, was bedeutet, dass ich jedes Kind noch mindestens zwei- oder dreimal auf den Arm nehme, es durch die Luft schleudere und vor dem Tor des CREAR absetze...

Müde, geschafft und vor allem glücklich begebe ich mich in meine zweistündige Mittagspause.

... und Arbeit mit Jugendlichen

Um 14 Uhr gehe ich wieder in den Garten, begrüße die Jugendlichen (14-18 Jahre), und als erstes besprechen wir das gestrige Champions League-Spiel oder was sonst so anfällt. Nach einem Lunch geht es im Garten in vier Bereichen an die Arbeit: Im Gewächshaus, Gemüsegarten, Schuppen und der Baumschule. Wir pflanzen Eukalyptussetzlinge, ernten Karotten und Salat, pflanzen dafür Broccoli, züchten Goiaba und eine Menge anderer Pflanzenarten, die ich noch nie zuvor gesehen habe, erledigen kleinere Reparaturen und halten unser Gartenhaus sauber.

Ich arbeite in einer der vier Gruppen mit den Jugendlichen, die mir noch viel Praktisches beibringen können. Dabei fühle ich mich dafür verantwortlich, dass der Rahmen stimmt (z.B. dass die Margarine so eingeteilt wird, dass alle etwas davon haben; dass überhaupt gearbeitet wird, wenn unsere Leiterin Raquel mal nicht da ist usw.).

Nach vollbrachter Arbeit lassen wir den Tag mit der lang ersehnten warmen Mahlzeit ausklingen. Da wir heute die Karotten geerntet haben und Cledemilton gestern Geburtstag hatte, gibt es Möhrenkuchen und ein Ständchen zum Nachtisch. Gegen 17.30 Uhr setzt sich alles recht langsam in Gang, zum einen, weil wir einen vollen Magen haben, zum anderen, weil wir noch ein bisschen zusammen lachen wollen, bevor jeder seinen Heimweg antritt.

Als ich zu Hause ankomme, ist es 18 Uhr. Ich bin müde, werde nur noch etwas kicken gehen, dann bestenfalls noch ein wenig lesen und dann ins Bett fallen. Ich brauche nichts, vermisse keinen Fernseher, keine Party. Morgen wird ein anstrengender Tag...

Leon Schettler
(Freiwilliger über die Freunde der Erziehungskunst)

Die Arbeit des 1994 gegründeten Projekts CREAR basiert auf der Waldorfpädagogik. Es bietet schulergänzende Aktivitäten wie Musikunterricht, Handarbeiten, Malen mit Wasserfarben und Wachsmalblöcken, Formenzeichnen, Backen, Gartenarbeit und Epochenarbeiten zu den Jahreszeiten und –festen. Hinzu kommt eine Sozialarbeit mit Müttern in Kleingruppen und bei Hausbesuchen. Das Projekt erhält eine kleine finanzielle Unterstützung vom Bundesland und der Stadtverwaltung, doch rund 70% der Kosten müssen durch Spenden gedeckt werden.

Peggy Rische-Lederer (Tutorin für die Freiwilligen, pädagogische Koordinatorin für die Kleinkind- und Vorschulerziehung, Kontaktperson für Spender).

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Häufiggestellte Fragen über den Freiwilligendienst