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Trostlosigkeit und die Quelle der Veränderung

Das Centre for Creative Education bildet Waldorferzieherinnen und –lehrerInnen aus und ist das einzige freie Lehrerbildungsinstitut in Südafrika. Ann Sharfman berichtet vom Waldorf Educare Programm aus den Townships rund um Kapstadt.

Die Kindergartenausbildung des Centre for Creative Education geschieht in den Townships rund um Kapstadt, in denen die große Mehrheit unserer schwarzen und farbigen Bürger noch immer unter den Bedingungen der Armut lebt. Unter diesen Bedingungen sind all jene mit Armut verbundenen Krankheiten Teil des Lebens der Kinder und beeinflussen tief ihre Zukunft: Krankheiten, Verbrechen, Mißbrauch... Unsere Arbeit konzentriert sich darauf, Frauen auszubilden, die in den Townships leben und arbeiten, um junge Kinder in den so entscheidenden Jahren vor dem Schulbeginn zu betreuen und zu erziehen.

In Südafrika heißt das "Educare" und umfaßt Kinder im Alter von teilweise nur drei Monaten bis zum Schulbeginn. "Educare" ist ein Wort, das in verständlicher Weise die Absicht unserer Ausbildung beschreibt – die sorgende und liebende Erziehung von Kindern durch Frauen, die ihnen in und mit einer glücklichen Kindheit eine gesunde Grundlage für ihr Leben bereiten wollen.

Educare Centres sollen ein Hafen für die Kinder sein. Hier sollen sie etwas erfahren, was für die meisten von ihnen ganz anders als der übrige Alltag ist – eine friedvolle und harmonische Umgebung; eine Umgebung, die sie mithelfen zu schaffen, zu schmücken und zu verschönern. Hier sind sie frei zu spielen und zu lernen.

Unsere Ausbildungsarbeit erreicht auch eine andere, größtenteils unbekannte Gruppe von Menschen – die farbigen Farmarbeiter auf den Weingütern. Viele von ihnen haben ihr ganzes Leben auf den Farmen gelebt. Sie wurden auf den Farmen geboren so wie ihre Eltern und viele Generationen vor ihnen. Es ist schwer für sie, sich den Änderungen in ihrem Leben anzupassen, die das neue Südafrika gebracht hat. Sie hatten nie die Gelegenheit gehabt, die Fähigkeiten zu entwickeln, mit den neuen Umständen und Herausforderungen umzugehen. Sie wuchsen in einem alten System auf, das zum Glück der Vergangenheit angehört – wo man den Farmarbeitern täglich Weinflaschen als Teil ihres Lohnes gab. Alkoholismus war – und ist leider noch sehr oft – fast die Normalität, und Kinder wachsen auf in beengten Verhältnissen mit betrunkenen Eltern, die ständig streiten und sie manchmal sogar verlassen. Frauen und Kinder werden geschlagen und mißbraucht. Die Frauen auf den Farmen gehören zu den unterdrücktesten und schwächsten Menschen in Südafrika.

Die Zeiten haben sich geändert, die Bedingungen sind besser, aber die schlechten Gewohnheiten sind tief eingewurzelt. Das tägliche Leben der Frauen und Kinder bleibt dasselbe.

Veränderung ist schwer - ein Fallbeispiel

Ein kleines Educare auf einer Weinfarm wird von den Frauen der Farmarbeiter geleitet. Sie werden in ihrer Arbeit unterstützt von Luna Malan, einer Waldorfmutter. Luna war verzweifelt, weil alles im Alltag des Educare den Hintergrund des sonstigen Lebens wiederspiegelte. Es gab kein Zeichen einer Wende, die sie erhofft hatte, als sie die Farmleitung überzeugte, dieses Educare zu eröffnen. Es blieb ein Ort, wo unterdrückte Frauen, die keine Selbstachtung hatten, freudlos ihren täglichen Pflichten nachgingen, in sich eine hilflose Wut auf die Welt tragend.

Sie behandelten die Kinder auf dieselbe Weise, wie sie als Kinder behandelt wurden ... und wie alle Kinder in solchen Gemeinschaften behandelt werden. Manchmal sind sie sehr gütig gegenüber den Kindern, manchmal ignorieren sie sie oder stoßen sie ungeduldig zur Seite. Die Kinder werden betrachtet, als hätten sie keine Bedeutung. Wenn sie zur Plage werden (d.h. beachtet werden wollen), ändert sich die Stimmung erst recht, und die Kinder werden zurückgewiesen oder durch Schläge und Schreien diszipliniert. Die zornige Frustration der Erwachsenen entlädt sich.

Es ist nicht ihr Fehler. Sie sind, was sie kennen.

Die Farm hatte einen schönen Platz zur Verfügung gestellt, hölzerne Räume und etwas Einrichtung. Aber die Realität war, das drinnen nichts geschah, um den Kindern auf einer menschlichen Ebene zu helfen. Doch es gibt immer etwas Licht in der Dunkelheit, und wir sind privilegiert, dieses Licht zu sein!

Wir begannen unseren Ausbildungskurs auf der Farm Ende Februar. Luna, die das Ganze arrangiert hatte, war eine unserer Studentinnen. Sie berichtete später, daß die Veränderung nach nur sechs Monaten außerordentlich war. Die Frauen begannen, Initiative zu entwickeln, ihren Kindergarten zu gestalten. Sie haben das, was sie bis jetzt gelernt haben, eingeführt und mit einem neugefundenen Stolz stecken sie Mühe in ihre Arbeit. Die Kinder werden respektvoll behandelt. Sie blühen auf und sind glücklich, spielen und singen. Es ist ein Anfang. Es wird Zeit brauchen, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, aber es hat begonnen...

Die Frauen hatten vier separate Wochen Ausbildung, jeweils mit Zeit dazwischen, um das Gelernte in die Praxis umsetzen zu können. Nun beginnen sie, das Ganze selbst zu erkunden und es wirklich zu ihrem eigenen zu machen. Das ist sehr wertvoll. Und doch brachte nicht dies die größte Veränderung, sondern künstlerisches Tun. Mit Hilfe der Kunst konnten die Frauen ihre eigene Kindheit noch einmal erfahren, ausdrücken und heilen. Und vor allem lernen, was die Kinder brauchen, so daß sie auf ihre Bedürfnisse nicht nur eingehen können, sondern es wirklich wollen. Künstlerisches Tun – das Herstellen wundervoller Handarbeit und vieles andere – erweckt den Wunsch, die Umgebung für sich selbst und die Kinder in Schönheit zu gestalten. Es erweckt Selbstachtung und ein Gefühl von Wert und Zweck und davon, das eigene Leben lenken zu können.

Wir haben zehn Jahre an Erfahrung hinter uns, während derer wir gelernt haben, uns diesen entscheidenden Aspekten der Ausbildung behutsam zu nähern, so daß unsere Studentinnen den Mut gewinnen, das Unbekannte anzugehen und ohne Furcht Fehler zu machen.

Letzte Woche war auf der Farm ein "Management"-Treffen, wo alles Mögliche besprochen wurde. Alle Lebensbereiche waren vertreten. Die Educare-"Abteilung" kam an – alle Kinder und ihre Betreuerinnen. Die älteren Kinder gaben ihren "Bericht" in Form eines Morgenkreises. Es war tiefe Stille, als die Kinder begannen. Dann stimmten die Farm-Arbeiter in die Xhosa- und Afrikaans-Lieder mit ein, je nachdem welche Sprache sie sprachen. Am Ende des Treffens kamen die Menschen nacheinander und sagten: "Das war so herzbewegend!" Der Hauptgeschäftsführer sagte allen Anwesenden, daß das Educare die wichtigste Arbeit auf der Farm sei, weil es die Zukunft trägt. Sie können sich die strahlenden Gesichter der Frauen und die lächelnden Kinder vorstellen!

Ann Sharfman (übersetzt hn)

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Häufiggestellte Fragen über den Freiwilligendienst