Auf der Suche nach einem Neubeginn
Die Waldorfschule in Simeria hat ihr drittes Jahrsiebt begonnen. Im Rückblick wird der bisherige Lebenslauf sichtbar und gleicht dem eines Menschen. Zwei Lehrer berichten von den Erlebnissen und der Biographie des Schulorganismus:
Auf der Suche nach Wahrheit und Wesen geht es durch schreckliche Verwandlungen, bis ein Neues entsteht. Haben Sie nicht von Tod und Auferstehung gehört, oder daß man vor dem Nichts stehen kann?
Liebe Freunde, die Ähnlichkeiten zwischen dem Leben eines Menschen und einer Schule sind so offensichtlich!
Wer sind wir? Eine kleine Schule (knapp über 200 Kinder, vom Kindergarten bis Klasse 12) in einer ruhigen Stadt in Rumänien – Simeria.

Wir wurden "geboren" am 15. September 1991. Als wir das erste Mal "ich" sagten – nach drei Jahren – begann eine Suche, wer wir nun waren und wer wir wirklich sein wollten! Nach feurigen Diskussionen mußten drei der Lehrer die Schule verlassen und ihr Platz wurde von einer neuen Generation übernommen, die einen neuen Impuls brachte. Die Lehrer, die blieben, waren um 20 Jahre alt, und jene, die kamen, zwischen 20 und 28 Jahren.
Zehn Jahre vergingen. In der Zwischenzeit haben wir gelernt, in den Seelen unserer Schüler zu lesen und zu schreiben, die Saiten der sensibleren Herzen zu berühren oder die Trommeln der stärkeren und fordernderen zu schlagen. Und wir hatten gute Lehrer!
All unsere Ferien waren Zeiten durstigen Trinkens aus dem großen Topf des Wissens!
Sicher, der "Körper" unserer Schule hatte sich während dieser Zeit verändert, Jahr um Jahr schnell wachsend. So entstanden der neue Gymnastikraum und der Eurythmie-Saal, der uns die in Rumänien einzigartige Gelegenheit schenkte, diese Bewegungskunst nun schon zehn Jahre lang für alle Klassen zu haben. Dann entstand ein neues Gebäude für die oberen Klassen und drei Werkstätten. Es kamen ein Spielgelände für die unteren Klassen, ein Sportplatz und ein kleiner Garten hinzu.
Es war die Zeit, als wir im Gefühl der Einheit lebten, uns von enthusiastischen, selbstlosen Ideen nährten und auf unsere guten Seiten schauten!
Dies waren die Jahre, als das Leben gut und schön war. Als wir von den anderen lernten und langsam begannen, unsere eigenen Einsichten zu gewinnen.
Doch wie die Nacht dem Tag folgt, so wurden unsere Seelen von Aufruhr erfüllt, sobald wir uns den "Teenager"-Jahren unserer Schule näherten.
Einige von uns fühlten, daß sie ein Jahr Pause benötigten. Einige von uns heirateten, einige wurden zum ersten Mal Eltern. Andere hielten eine Veränderung für das Notwendigste in ihrem Leben und verließen deswegen die Schule. Auf diesem Weg wurde "der warme Kern" langsam kälter. Unsere Ziele, unsere Träume verschwammen, und viele neue Kollegen wurden vom Schulamt an unsere Schule geschickt, die keinerlei Hintergrund oder Interesse an der Waldorfpädagogik hatten.
Wir fragten uns selbst, ob das Resultat all die Anstrengungen über diese 15 Jahre wert war.
Doch wenn unsere früheren Schüler Kontakt mit uns aufnehmen oder uns sogar oft besuchen, nun verantwortungsvolle junge Erwachsene; wenn über 100 Teilnehmer sich jedes Jahr in den Sommerferien versammeln, um an unserem Kunst-Sommercamp teilzunehmen; wenn viele andere, kleine Dinge unser tägliches Leben farbig machen – dann gibt uns all dies Hoffnung für die Zukunft!
Vielleicht werden in späteren Jahren einige unserer ehemaligen Schüler als Eltern, Freunde oder sogar Kollegen die Arbeit und das Leben unserer Schule mit uns teilen. Dann könnte eine wirkliche Veränderung in unserem Schulleben eintreten!
Wir befinden uns jetzt an einer neuen Schwelle. Wir suchen nach einem neuen Anfang, einer neuen Quelle des Enthusiasmus, einem neuen Weg, mit unseren neuen Kollegen zusammenzuarbeiten. Die kommenden Jahre werden diejenigen unserer Suche nach Wahrheit sein!
Werden wir es schaffen, diese herausfordernde Schwelle zu überschreiten und die Wahrheit der Waldorfpädagogik innerhalb der rumänischen Kulturlandschaft zu finden?
Alin Ciurariu und Daniel Rebeles (übers. hn)