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Sorgen einer kleinen italienischen Schule

Die Waldorfschule in Brixen an der österreichischen Grenze begann im Herbst 2000 mit drei Kindern. Heute sind es zwar 56 Kinder, aber die Schwierigkeiten mit dem Staat, den Finanzen, der Lehrersuche und den Vorstellungen potentieller Eltern machen das Leben weiterhin schwer...

Aller Anfang ist schwer. Begonnen hatte unsere Initiative schon 1997 mit der Gründung eines Fördervereins. Wir organisierten dann ein Jahr lang öffentliche Vorträge und bekamen ein erstaunlich großes Echo. Man merkte, die Menschen suchten nach alternativer Erziehung.

Auch unser Kindergarten begann mit nur fünf Kindern, heute sind es immerhin 10. Bis vor kurzem hatten wir für sie nur eine Wohnung im dritten Stock, jetzt liegen Kindergarten und Schule zusammen am Stadtrand am Wald. Wir werden immer wieder gefragt, ob wir ganz kleine Kinder in eine Krabbelgruppe aufnehmen. Doch das wiederum schaffen wir aus räumlichen und personellen Gründen nicht. Es bräuchte jemanden, der da die Initiative ergreift.

Mehr Schulkinder zu bekommen, ist sehr schwer. Am Tag der offenen Tür oder zum Weihnachtsbasar kommen viele Menschen, weil sie die Atmosphäre schätzen. Aber ihre Kinder dann auch in unsere Schule zu schicken, diesen Schritt wagen sie nicht. Vor allem die Väter wollen mehr "Sicherheit". Und an der staatlichen Schule hier gibt es sogar einen Montessori-Zug. Das klingt für viele schon modern – das Gewissen ist beruhigt, und es kostet nichts...

Da wir vom Staat keinerlei Hilfe bekommen, haben wir einen Richtwert von 190 Euro Schulgeld für das erste Kind. Mehrere unser 30 Elternhäuser können diesen Betrag nicht aufbringen, dabei decken diese 190 Euro nur die Hälfte der Kosten! Der Rest – mindestens 50.000 Euro jährlich – muß noch aufgetrieben werden, und das ist kein Vergnügen. In diesen ersten Jahren haben uns noch deutsche Stiftungen unterstützt.

Die Waldorfschule Trient wurde von der Provinzregierung schon 2002 aufgrund ihrer "speziellen pädagogischen Qualität" anerkannt und finanziert. Unsere Provinz hat davor Angst, uns in der gleichen Weise anzuerkennen, weil sie fürchtet, dies dann auch mit allen anderen Schulen tun zu müssen. Wir müssen hier einen kompetenten Rechtsbeistand suchen, sonst nimmt man es nicht ernst und die Dinge verschwinden in den Akten.

Der Landeshauptmann hat auf unseren Antrag hin einfach auf die Staatsschulen verwiesen und uns gesagt: "Das ist wie in der Mensa. Wenn einem was nicht schmeckt, muß man sich halt selbst was kaufen." Doch unsere Eltern zahlen ja Steuern, ohne den Staat zu beanspruchen!

Seit 2004 arbeiten wir an der allgemeinen Anerkennung unserer Schule. Wir mußten Unmengen an Material einreichen – bis hin zu einem Organigramm der Vereinsstruktur mit allen Gremien. Dann kam im Herbst 2005 die Antwort: aus allgemein-pädagogischer und organisatorischer Sicht keine Bedenken, dennoch Ablehnung wegen der Lehrertitel: laut staatlicher Bestimmungen nicht ausreichend qualifiziert...

Auch hier wollen wir Einspruch einlegen. Zwei Lehrer haben in Stuttgart ihre Waldorf-Ausbildung gemacht, die mit anderen deutschen Ausbildungen gleichgestellt ist. Nach EU-Recht müßte das auch hier anerkannt werden. Das wird aber über Rom gehen und wieder sehr lange dauern.

Die fehlenden Zuschüsse erschweren uns auch die Lehrersuche. Die meisten Kinder sprechen hier in der Gegend deutsch. Doch für Deutsche oder Schweizer ist unser Gehalt zu gering. Wir können nur rund 1.200 Euro netto zahlen...

Auf der anderen Seite kommen immer wieder Lehrer staatlicher Schulen zu uns, die sich die Waldorfpädagogik für ihre Fortbildung ausgesucht haben. Sie sagen: "Eigentlich habt ihr es doch gut, ihr könnt Eurer Linie treu bleiben. In den staatlichen Kindergarten können wir überhaupt kein religiöses Thema mehr ansprechen, ohne wieder von irgendeiner Seite Probleme zu bekommen."

Diese Klagen zeigen, daß die Zeit längst reif für eine freie Pädagogik an Schulen in freier Trägerschaft ist. Übrigens haben wir auch (noch) keine fernseh-geschädigten Kinder, die es den staatlichen Lehrern so schwer machen.

Und dazu kommt eine weitere Besonderheit unserer ländlichen Region: Die Menschen, die aus Deutschland kommen, beobachten immer wieder, daß die Kinder hier noch kindlicher sind – so etwa noch zwei Jahre weiter zurück als in Deutschland. Es gibt hier in der 6. und 7. Klasse immer noch eine große Begeisterungsfähigkeit für viele Dinge. Puppennähen oder so, das stößt woanders schon auf starke Ablehnung. Hier aber wird vieles noch anders gepflegt, die Mütter sind noch zuhause, die Kinder haben mehr Ätherkräfte.

Und wie geht es weiter? Wir haben jetzt zum ersten Mal eine 6./7. Klasse. Es gibt Pläne, in Bozen – eine halbe Zug-Stunde von hier – zusammen mit anderen Schulen die Oberstufe aufzubauen. Im Oktober begann eine Lehrerausbildung. Das soll im nächsten Herbst zur Gründung einer mehrsprachigen Oberstufe führen. Es haben sich einige Menschen gefunden, die das sehr kompetent vorantreiben.

Die Entwicklung geht weiter – inmitten aller Schwierigkeiten. Wir tun in unserer kleinen Schule, was in unseren Kräften steht. Doch ohne Hilfe von außen werden wir es auch in den nächsten Jahren nicht schaffen.

Gerda Amort-Klöpfer

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Häufiggestellte Fragen über den Freiwilligendienst