10 Jahre Zentrum für Erziehungskunst in St. Petersburg
Am 18. September 1994 öffneten sich die Tore des Zentrum für Erziehungskunst für die ersten Erstklässler. Damals wagten nur 15 Familien, die für sie noch kaum bekannte Waldorfpädagogik für ihr Kind zu wählen. Heute sind diese Kinder in der 11. Klasse – unsere erste Abiturklasse!
Wir sind von Anfang an eine Schule in freier Trägerschaft gewesen – und hätten diesen Weg angesichts der schwierigen Lage in Russland niemals ohne die Hilfe vieler Freunde gehen können. Inzwischen besteht die Schulgemeinschaft aus über 120 Kindern, 100 Familien und 30 Kollegen, die alle bereit sind, auch in Schwierigkeiten zusammen zu arbeiten.

Wir begannen in einem Land mit absolut anderen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen. Von Jahr zu Jahr änderte sich die Situation. Insbesondere die Beziehung der Beamten zur alternativen Pädagogik verschlechterte sich von anfänglicher Begeisterung hin zu passiver Toleranz (im besten Fall).
In St. Petersburg mußten von ursprünglich fünf Waldorfschulen inzwischen drei wieder schließen. Unsere Schule nahm mehrere Schüler und Lehrer mit Freude auf, obwohl auch unsere eigene räumliche Situation ständig unsicher war. Das seit vier Jahren gemietete Gebäude ist allzu klein, das Mietverhältnis kann nicht mehr verlängert werden, ein anderes Gebäude mit Sondermiete ist nicht zu bekommen.
1998 konnten wir mit viel Mühe und ausländischer Hilfe ein Gebäude erwerben, dessen Renovierung und Umbau dann wegen vieler Gründe – auch Geldmangel – für lange Zeit unterbrochen werden mußte. Wir hoffen, die nötigen Arbeiten nun in diesem Jahr abschließen zu können, auch wenn wir dafür einen Teil des erworbenen Grundstücks verkaufen müssen.
Auch künftig werden wir vor außerordentlichen Problemen stehen, darunter immer wieder das finanzielle: Die Kollegen müssen zu einem Lohn arbeiten, der im Grunde nur für die monatlichen Lebensmittel und Transportkosten reicht, und dennoch hat die Schule ein Defizit.
Dennoch hatten am 18. September 2004 in unserer Schule eine wunderbare Feier mit vielen Gästen und viel Freude. Wir sehen aber auch sehr klar, daß dieses Jubiläum nur einer von vielen Marksteinen ist, und man muß weiter gehen. Unsere Gründungslehrerin hat jetzt wieder eine 1. Klasse übernommen...
Wir sind allen sehr dankbar, die mit gutherziger Seele an uns denken und uns auf unserem Wege helfen. Ihre Unterstützung verstärkt unsere Kräfte und unseren Mut, den gewählten Weg weiter zu gehen.
Galina Nekljudowa