Sogar die Pause vergessen – Heilsames Tun in Simeria
Simeria Veche ist ein friedliches Dorf 4 km von Simeria entfernt. Doch jeden Morgen müssen die Enten und Hühner der Dorfbewohner von der Straße gehen. Dann kommen die Busse und bringen die Kinder und Lehrer, die ihren Tag im Zentrum für Heilpädagogik und Sozialtherapie beginnen wollen. Und nicht wenige: 100 geräuschvolle Kinder, 34 Jugendliche und 70 Erwachsene erwarten gespannt den neuen Tag im Kindergarten, in der Schule oder in den Werkstätten. Ihnen schließen sich 20 weitere Kinder aus den Wohnhäusern im Dorf an.
Nachdem die übrigen Kinder das Wochenende in ihren Familien verbracht hatten, versammeln sie sich zum Wochenbeginn und begrüßen mit einem Lied die Jahreszeit und ihre Freunde, die in dieser Woche Geburtstag haben werden. Dann beginnt der Hauptunterricht und ein jeder versucht sein Bestes, um durch das Tor zu gelangen, daß der Erzieher oder Lehrer öffnet zur guten und magischen Welt des Spiels und der Märchen, dann zur Schönheit der Natur und Entdeckungen und schließlich zur Wahrheit und Realität des Lebens, in die man bald einzutreten hat.

Zur Pause um 10 Uhr gibt es etwas zu essen und genug Zeit zum Spielen auf dem großen Schulhof. Dann kehrt wieder Ruhe ein – die therapeutischen, künstlerischen und eurythmischen Aktivitäten haben begonnen. Zur Mittagszeit lenkt jede Klasse zusammen mit ihrem Lehrer ihre Schritte zum Essenssaal. Für viele ist dies die einzige richtige Mahlzeit am Tag, und so bieten die Köche allen wenn möglich einen Nachschlag...
Danach haben die Kleinen ein Nickerchen, während die Älteren in den Werkstätten arbeiten. Sie lieben ihre Arbeit in der Web- oder Holzwerkstatt so sehr, daß sie manchmal vergessen eine Pause zu machen, es sei denn für einen guten Rat eines Mitarbeiters. Um 16 Uhr bringen die Busse die Kinder wieder nach Hause, je nach Familie 15 bis 20 km entfernt.
Neben dem normalen Tagesrhythmus gibt es die Schulfeste, den Karneval, die Theaterspiele, die Sportvorführungen, bei denen die Kinder richtige Stars sind und zu denen die ganze Dorfgemeinschaft jeweils eingeladen ist.
Der Moment, wenn das Schuljahr endet, ist immer bewegend. In diesem Jahr machte eine Klasse ihren Abschluß, die von Mariana Nita für 11 Jahre begleitet worden war. Die einzigartige Beziehung zwischen der Klasse und ihrem Lehrer ist fast ein sichtbares, lebendes Wesen. Hier eine kleine Story, die dies illustriert:
Es ist nicht lange her, als unsere Schule der Gastgeber eines lokalen Treffens heilpädagogischer Schulen war. Da Frau Nita an der Organisation beteiligt war, hatte ihre Klasse für einen halben Tag einen anderen Lehrer. Auf einmal gab dieser Lehrer Bescheid, daß die Kinder nach der Pause verschwunden waren. Wir alle begannen, nach ihnen zu suchen, was nicht so einfach ist, da das Gelände unseres Zentrums über 10 Hektar groß ist. Nach über einer Stunde des Suchens fanden wir sie: die ganze Klasse war in der Kerzenwerkstatt, wo sie in der Woche davor zur selben Zeit Unterricht gehabt hatte. Sie warteten ganz allein und in aller Stille auf den Beginn ihrer Aktivitäten. Wir waren erstaunt: sogar wenn sie verloren gehen, gehen sie zusammen verloren...
Nach der Schule arbeiten einige Jugendliche mit in den sozialtherapeutischen Werkstätten. Hier ersetzt Arbeit die Schule, doch die therapeutischen, künstlerischen und kulturellen Aktivitäten gehen weiter. Das Weben, Hefte machen und die Landwirtschaft beschäftigt jeden Tag die 34 Jugendlichen.
Anerkennung durch die Behörden
Vielleicht sollte erwähnt werden, daß die hier entwickelte Arbeit, die Methoden und vor allem die Ergebnisse nicht unbeachtet blieben. Vor zwei Jahren baten uns die lokalen Behörden um den Aufbau zweier weiterer heilpädagogischer Zentren in Hunedoara und Orastie sowie heilpädagogischer Klassen in Petrosani und Vulcan. Auch diese Zentren arbeiten mittlerweile erfolgreich, und so werden in der ganzen Region derzeit über 300 Kinder und Jugendliche betreut. In diesem Jahr baten enthusiastische Absolventen der Universität in Cluj um unsere Hilfe, wo nun ebenfalls ein Zentrum am Entstehen ist.
Hinter diesem allgemeinen Blick auf die Fakten stehen 14 Jahre harter Arbeit einer unermüdlichen Gruppe von Menschen und eine Fülle von Schwierigkeiten, die überwunden werden mußten. Wir hatten das Glück, einen Mentor zu haben, der uns von 1990 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 unterstütze und einen Teil seines Lebens dem Bau dieses Zentrums widmete – ein Mann, denn wir liebten, dem wir tief dankbar sind und zu dessen Erinnerung unsere Vereinigung den Namen „Hans Spalinger“ trägt.
Heute sind wir in dem Alter und in der Situation, wo die Zukunft nur von uns abhängt. Die Assoziation ist inzwischen im ganzen Land an der Entwicklung der Heilpädagogik beteiligt. Zusammen mit der Vereinigung „Prietenia“ aus Bukarest gründeten wir am 1. Juni die Vereinigung für Heilpädagogik in Rumänien mit Sitz in Simeria.
... und dennoch Zukunftssorgen
Leider sind die politischen, ökonomischen und gesetzlichen Bedingungen nicht sehr hilfreich, um den seelenpflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen die nötige Betreuung zu geben. Es gibt noch immer großen Bedarf an Hilfe von denen, die sie geben können. Die Lebensbedingungen in den Familienhäusern und in der Schule müssen verbessert werden, die Autos brauchen Reparaturen, Wartung und manchmal Ersatz, das Essen der Kinder ist nicht immer abwechslungsreich und ausreichend, es gibt keine Mittel für Ausflüge, besondere Veranstaltungen oder angemessene Kleidung. Oft haben wir Schwierigkeiten, den Strom oder die Telefonrechnung zu bezahlen, neues Material für die Werkstätten zu kaufen oder andere Aktivitäten anzubieten.
So wenden wir uns an jeden, der unsere Gefühle zu Menschen mit Behinderungen teilt, und bitten um Hilfe.
Adrian Pintea, Projektleiter (Übersetzung: hn)