Der wartende Hügel und die neue Gemeinschaft
1999 entstand in dem verlassenen ostgeorgischen Dorf „Kedeli“ (bei Sighnaghi) eine sozialtherapeutische Gemeinschaft. „Ked“ bedeutet „Hügel“ und „eli“, daß man auf etwas oder jemanden wartet...
Jeden Morgen warten Beka, Grimzel, Lali, Temur, Marika und Tea auf das Geräusch des gewohnten Autos, das sie nach Kedeli bringen wird. Trotz aller Ereignisse in Georgien hat sich hier nichts geändert. Es gibt nicht oft Strom oder Wasser, dafür um so mehr Arbeitslosigkeit. In unserer Initiative aber ist kaum der Morgengruß vorbei, schon eilt jeder zu seiner Werkstatt.

Marina, Zuriko und Abo wohnen in Kedeli. Sie melken eine Kuh und weiden das Vieh, bevor die Mitarbeiter kommen. Während des Morgenkreises will Marina dann immer von den Kühen erzählen, doch die anderen bitten sie, die Geschichten bis zum abendlichen Rückblick aufzubewahren. Dann verabschiedet man sich mit freundlichen Wünschen zu den verschiedenen Arbeiten. Grimzel strickt Kleider, Temuri und Beka arbeiten im Garten, Marina, Abo und Gia sind für die Sauberkeit des Hofes verantwortlich und Zuriko kümmert sich um die Kühe. Derzeit arbeiten in Kedeli 16 Menschen, neun von ihnen sind seelenpflegebedürftig.
Wir können sogar regelmäßig 10 Liter Milch an ein Heim für alte Menschen geben. Unsere Betreuten warten immer schon ungeduldig auf diesen Tag. Auch einiges Gemüse wächst schon, doch das Land lag lange verlassen und ist bedeckt mit „Dornengästen“, gegen die wir kämpfen. Wir hoffen, mit Hilfe erfahrener Mitarbeiter irgendwann einen wundervollen Garten zu haben.
Jetzt möchte ich noch kurz einige von uns vorstellen.
Temur ist 24 und seit seiner Geburt behindert. Andere Kinder fürchteten sich, mit ihm zu spielen, nun aber ist es ganz anders. Besonders gerne bringt Temur die Milch zu alten Menschen.
Die 28-jährige Tea verbrachte ihre Tage im Bett und hatte nicht einen Lichtstrahl in ihren Augen. Wir begannen, sie jeden Tag zu besuchen – heute kocht sie mit Hilfe von Dali für uns alle.
Lali lebt mit ihrer 90-jährigen Großmutter. Sie ist die beste Assistentin von Tea im Herstellen von „Matsoni“ (Joghurt) und backt manchmal.
Beka, das kleinste Mitglied unserer Gemeinschaft, arbeitet sehr gern im Garten, gießt die Kartoffeln und das andere Gemüse und ist immer stolz über unser eigenes Essen.
Nach der Mittagspause haben wir immer viel Spaß beim gemeinsamen Lesen, Singen oder Puppenmachen. Danach geht es wieder an die eigenen Arbeiten. Zuletzt versammeln wir uns, um die Erfolge und Fehlschläge zu teilen und uns bis zum nächsten Tag voneinander zu verabschieden. Der Bau eines Wohnhauses hat sich durch eine finanzielle Krise verzögert – noch fehlen zwei Betträume.
Über Jahrhunderte sah Kedeli nach der Sonne, die hinter den Bergen des Kaukasus aufgeht. Jetzt sieht das Dorf neuem Leben entgegen.
Lali Khandolishvili (übersetzt hn)