PHOENIX – das heißt immer wieder neu!
In Bosnien-Herzegowina leben muslimische Bosnier, katholische Kroaten und orthodoxe Serben zusammen – oder auch nicht. Sarajevo ist nach wie vor vom Kriegsleid geprägt. Was kann hier für Kinder getan werden? Die Märchenkünstlerin Micaela Sauber berichtet von der Phoenix-Initiative.
Seit vier Jahren gibt es die ersten Kinderkulturinitiativen in Bosnien-Herzegowina, die mit der Waldorfpädagogik arbeiten: einen Kindergarten und eine Freizeitschule, beide noch klein, in Sarajevo.

Der Waldorfkindergarten ist eine Oase in dieser geplagten Stadt, die immer noch wie eine Wunde im sich langsam neu fassenden Europa wirkt. Die Kindergärtnerin Leila Kostic und ihre Mitarbeiterin Enisa arbeiten mit 10 Kindern, deren Eltern nur einen Teil der Kosten aufbringen können, in einer angemieteten Wohnung auf einem Kasernengelände (!). Jetzt hat Familie Kostic ein Haus mit Grundstück erworben, wo ein neues Gebäude errichtet werden könnte. Der Kindergarten benötigt laufende Unterstützung durch Patenschaften, auch kleinere Beiträge, um zu überleben.
Die Freizeitschule bietet für Schulkinder jeden Alters verschiedene Nachmittags-Kurse an: Waldorfpädagogik für Erst- und Zweitklässler, Mutter-Kind-Gruppe, Spielgruppe, Malen, Singen europäischer und bosnischer Lieder, Theater, Puppenspiel, Holz- und Tonarbeiten, Specksteinskulpturen. Neun Künstlerinnen und Pädagoginnen - alle hoch qualifiziert und bereit, in einem neuartigen Stil in Bosnien zu arbeiten - geben die verschiedenen Kurse an jedem Tag. Jeder Kurs kostet eigentlich im Monat 80 Euro, und auch hier gibt es außer dem von der Stadt zur Verfügung gestellten schönen Raum nur wenig Zuschüsse aus dem Land selber. Die Bosnierinnen, die diese Arbeit mit viel Enthusiasmus tun, hätten eine kleine Honorierung alle sehr nötig.
Die unvorstellbaren Nachkriegsverhältnisse, die Ghettoisierung des Landes in verschieden beeinflußte und beherrschte Gebiete (bosnisch-muslimisch, kroatisch-katholisch, serbisch-orthodox) bilden ein problematisches Klima gerade für Kinder. Um möglichst vielen Kindern ein Fenster in das übrige Europa zu öffnen, organisierten zwei Frauen im vergangenen Jahr eine „Kulturkarawane“, mit der sie Kinder in abgelegenen Orten und Ghettos ansprachen. Eine Ausstellung wunderschöner Schwarz-Weiß-Zeichnungen des Kunsthistorikers Rudolf Kutzlis wird von den Kindern farbig umgesetzt. Es gibt Puppenspiel, Märchenerzählungen und Theaterworkshops.
Dem Fundamentalismus und dem erstickenden Medienkonsum kann nur begegnet werden durch Menschen, die sich für Kinder interessieren und ihnen eine lebendige Kultur vermitteln. Auch diese Arbeit wird nur überleben, wenn sie aus dem Ausland unterstützt wird. Eine Woche Kulturkarawane kostet 700 Euro. Zehn weitere Orte warten auf unseren Besuch!
Micaela Sauber